Späte Würdigung für einen Guerillero Hunderttausend trauern um Sendic

Montevideo (taz) - An die 100.000 Menschen waren am vergangenen Wochenende auf den Beinen, um dem verstorbenen Tupamaro-Gründer Raul Sendic die letzte Ehre zu erweisen. „Der Ausgang des Referendums hat ihm wohl den Rest gegeben“, hieß es in Uruguays Hauptstadt Montevideo auf der Straße. Wenige Tage bevor Sendic in Paris starb, war in einer Volksabstimmung entschieden worden, daß die Menschenrechtsverletzungen der Militärdiktatur (1973-1985) gerichtlich nicht verfolgt werden.

Am Samstag kam mit der Air France der Sarg auf dem Flughafen in Montevideo an. Zehntausende begleiteten den Trauerzug von dort bis in die Tupamaro-Zentrale. Aus dem Trauerzug wurde, je mehr er sich der Innenstadt näherte, eine Demonstration von über 45.000 Menschen. Am Sonntag, als der Sarg stundenlang durch Arbeiterviertel bis zum Friedhof in La Teja gebracht wurde, erwiesen insgesamt hunderttausend Menschen dem verstorbenen Guerillaführer die letzte Ehre. Die Peludos, die Zuckerrohrarbeiter, waren mit Transparenten „Für Land und mit Sendic“ angereist. Mit ihnen hatte Sendic 1961 die Gewerkschaft UTAA gegründet, aus der u. a. wenige Jahre später die MLN-Tupamaros hervorgehen sollte.

Der mexikanische Kongreß hatte ein Beileidstelegramm netterweise - an die uruguayische Regierung geschickt. Nicaraguas Innenminister Borge, die FMLN-Guerilla El Salvadors , die M 19 aus Kolumbien, die Sozialistische Partei aus Chile und die Frente Patriotico Manuel Rodriguez, die brasilianische Arbeiterpartei (PT), das ZK der kubanischen KP und viele weitere hatten aus dem Ausland kondoliert. Selbst im uruguayischen Senat gedachte man des Toten.

Im Kongreß allerdings hatte die Regierung eine Gedenkstunde verhindert. Die Tupamaro-Zeitschrift 'Mate Amargo‘ wütet gegen „Kleinbürger“, die „Sendic würdigen, weil er tot ist, immer unter der Einschränkung, daß man mit dessen Methoden nie einverstanden gewesen sei“, und warnt, ihn jetzt „in Bronze zu gießen“.

Gaby Weber