"Kein Rückfall in die Selbstzerfleischung"

■ GAL-Spitzenkandidatin-Kandidatin Krista Sager über das Postengerangel in ihrer Partei und grüne Regierungsansprüche

über das Postengerangel in ihrer Partei und grüne Regierungsansprüche

taz:Sie haben heute als zweite GALierin nach Landesgeschäftsführerin Jutta Biallas erklärt, bei der Mitgliederversammlung am 12. Juni als Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahlen zu kandidieren. Warum soll die grüne Basis Krista Sager wählen und nicht Jutta Biallas?

Sager: Ich habe vor meiner Entscheidung mit sehr vielen Parteimitgliedern gesprochen. Viele von ihnen wollen keinen Rückfall in grüne Selbstzerfleischung, sondern daß wir die Politik fortsetzen, mit der wir vor zwei Jahren angefangen haben. Ich stehe dafür, daß in diesem Wahlkampf Hamburger Probleme in den Vordergrund gestellt werden.

Und Jutta Biallas für das Gegenteil?

Das kommentiere nicht. Ich habe aber den Eindruck, daß einige Parteimitglieder inhaltliche Konflikte für ihre Personalpolitik überinstrumentalisieren.

Welche inhaltlichen Konflikte gibt es denn eigentlich in der GAL, mal abgesehen von der Frage militärische Intervention in Bosnien ja oder nein?

In Bezug auf Themen, die die Stadt direkt angehen, haben wir ein großes Maß an Gemeinsamkeiten haben. Es geht völlig an der Sache vorbei, wenn man so tut, als würde es zwei Lager geben, die nichts miteinander zu tun haben.

Also ist nicht der inhaltliche Dissenz, sondern das Gerangel um mögliche Posten und Pöstchen der Grund für die derzeitigen innerparteilichen Auseinandersetzungen.

Darüber möchte ich nicht spekulieren. Es geht möglicherweise aber auch darum, was die grüne Partei künftig nach innen sein soll, und wie sie sich nach außen darstellt. Gerade auch mit Blick auf jüngere Leute, die in ihrer Meinung nicht seit zehn Jahren festgelegt sind. Wir sind doch heute nicht mehr in einer Zeit, in der man die absoluten Wahrheiten von der Kanzel verkündigen kann. Ich möchte, daß bei uns offen diskutiert wird, ohne daß man befürchten muß, für die eigene Meinung abgestraft zu werden. Sonst werden wir zu einer Partei von Duckmäusern und Opportunisten. Statt dessen brauchen wir Dialogfähigkeit und Streitkultur.

Die Kritiker der Fraktion sagen, daß die Mehrheit der Abgeordneten diese Dialogfähigkeit in den vergangenen zwei Jahren nicht gezeigt hat, sich von der Partei abgekoppelt hat.

Dieser Eindruck spiegelt die Wirklichkeit nicht wieder. Natürlich ist es schwierig in einer Gruppe, in der es viel Einzelkämpfer gibt, immer mit einer Stimme zu sprechen. Die Partei-Auseinandersetzung um eine mögliche Intervention in Bosnien hat natürlich auch in die Fraktion ausgestrahlt hat. Aber wir sind danach wieder zusammengekommen. Beim Thema Hafenstraße, beim Asylrecht, dort wo es darum ging, grüne Positionen in der Bürgerschaft entschlossen zu vertreten, haben wir das getan.

Positionen, die demnächst möglichst auch im Senat vertreten werden sollen. Mit welchen Punkten würden Sie in Koalitionsverhandlungen mit der SPD einsteigen?

Wir sind nicht mehr in einer Situation, in der wir unsere zehn Punkte haben, sondern wir können alle Politikfelder flächendeckend verhandeln. Also muß man über alle Felder reden und versuchen, so viel wie möglich zu sichern.

Beispiele?

Die großen Verkehrsprojekte, 4. Elbtunnelröhre, Autobahnanbindung, Hafenquerspange. Das steht die reale SPD-Politik völlig konträr zu uns. Übrigens auch im Gegensatz zu den vollmundigen Erklärungen der SPD zur Zurückdrängung des Autoverkehrs. Ähnliches finden wir in der Stadtentwicklung. Aus der Behörde kommen Verlautbarungen über Nutzungsmischung, innere Verdichtung bei Erhalt von Grünflächen. Wir wollen dafür sorgen, daß das auch umgesetzt wird. Schwieriger wird's beim Thema Armut. Armut in der Großstadt hat viele Facetten, für die wir differenzierte Antworten benötigen. Da reicht es eben nicht, pauschal zu sagen: die GAL ist für die Armen. Das nützt den Betroffenen gar nichts. Für alleinerziehende Frauen stellen sich andere Fragen als für den älteren Langzeitarbeitslosen mit Suchtproblemen.

Und die Knackepunkte Altenwerder, Hafenstraße, sind das noch welche?

Daß die Hafenstraße bleibt, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich glaube nicht, daß es dafür erst eine rotgrüne Koalition braucht. Das wäre für die Sozialdemokraten doch der bequemste Weg, von ihrer ohnehin unhaltbaren Räumungsposition ohne Gesichtsverlust runterzukommen. Ein Tausch Hafenstraßen-Erhalt gegen Hafenerweiterung Altenwerder kommt deshalb nicht in Frage.

Wenn es trotzdem zur Koalition kommt, wieviele und welche Senatorenposten hätten Sie denn gerne?

So viel wie möglich. Welche, das ist in der Partei nicht ausdiskutiert. Aber ich könnte mir vorstellen, daß eine Verkehrsbehörde für uns interessant wäre, unter Einschluß der Zuständigkeit für Hafen und Flughafen. Das könnte man dann prima flankieren mit der Umweltbehörde. Und weil wir nicht bescheiden sind, noch eine dritte Behörde.

Interview: Sannah Koch/ Uli Exner