Medienrazzia bleibt ohne Konsequenzen

■ Bürgermeister Scherfs Versprechungen zur Novellierung des Presserechts verlaufen im Sande

Die vollmundigen Ankündigungen von Bürgermeister Henning Scherf (SPD) nach der Medienrazzia am 20. August letzten Jahres verlaufen offensichtlich im Sande. Während sich jetzt auf Bundestagsebene der Rechtsausschuß erneut mit der Neuregelung des Presserechts beschäftigt, ist von Bremen nichts zu hören. Eine Initiative des Landes im Bundesrat und in der JustizministerInnenkonferenz hatte der Regierungs-Chef angekündigt. Getan hat sich außer einem Pflichtprogramm nichts. Und das, obwohl Scherf sich von dem Filzen von vier Redaktionen und vier Privatwohnungen heftig distanziert hatte. Nicht einmal die deftige Rüge des Bremer Landgerichts über die damalige Suche der Staatsanwaltschaft nach einem vertraulichen Bericht des Landesrechnungshofes hat für Konsequenzen gesorgt.

„Wir arbeiten mit in einer Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz“, so die Auskunft des zuständigen Abteilungsleiters in der Justizbehörde, Rolf Sauerwald. „Dort wird eruiert, was regelungsbedürftig ist.“So sollen etwa neue Richtlinien für den Umgang und den Zugriff der Staatsanwaltschaft bei der Telekommunikation erarbeitet werden. „Die Bremer Medienrazzia könnte man in dieser Arbeitsgruppe auch mal zur Diskussion stellen“, heißt es weiter aus der Justizbehörde. Auf Ebene des Bundesrates „ist die politische Bereitschaft für eine Ausweitung des Zeugnisverweigerungrechts und des entsprechenden Beschlagnahmeverbots für Journalisten nicht sehr groß“, gibt Sauerwald ehrlich zu. „Darum wäre eine zusätzliche Bundesratsinitiative von Bremen zwecklos.“Das bestätigt auch Justizstaatsrat Michael Göbel: „Das wäre höchstens für eine positive Schlagzeile gut.“Fragt sich, warum Scherf dann eine solche überhaupt erst ankündigte.

Auch die von Scherf mit Blitz und Donner angekündigte Revision der Berichtspflichten für die Staatsanwaltschaft ist offensichlich vom Tisch. Zu dem Thema gibt es ebenfalls eine Arbeitsgruppe in der JustizministerInnenkonferenz. Resultat: Das gleiche wie beim Zeugnisverweigerungsrecht – ein kleiner Nebenaspekt. Zudem sind „die Arbeitsgruppen der JustizministerInnenkonferenz unabhängig von der Medienrazzia eingerichtet worden“, so Sauerwald aus der Justizbehörde. Nicht etwa, weil Henning Scherf sich dafür – wie verlautbart – stark gemacht hat.

Das alles deckt sich zudem mit Aussagen aus dem Bundestag. So berichtet Horst Eylmann (CDU), Vorsitzender des Bundestags-Rechtsausschusses: „Von Bremen hört und sieht man nichts. Weder im Bundesrat noch in der Ministerkonferenz.“Eylmann wundert sich allerdings über diese Untätigkeit. „Ich war im Oktober mit Scherf auf einer Podiumsdiskussion in Bremen. Was Scherf dort angekündigt hat, war das Gegenteil von dem, was sich tut.“Das gleiche sagt auch der Bundestagsabgeordnete Gerald Häfner (Grüne). Auch er saß damals auf dem Podium. „Aus Bremen ist bisher nichts gekommen.“

Dazu sagt Staatsrat Göbel, daß Bremen zur Zeit die Hände gebunden sind. „Eine Bundesratsinitiative ist unsinnig. Zumal zwei Gesetzesinitiativen dem Bundestag zur Beratung vorliegen. In dem Zusammenhang kann Bremen als Land zur Zeit also nichts machen, bis der Bundesrat über die Sache berät.“In der Justizministerkonferenz habe man die „Medienrazzia“eingebracht. „Jetzt muß man daraus vernünftige Richtlinien erarbeiten, um einen Länder-Kosens herbeizuführen.“ jeti