Unblutige Kettensäge

■ Der Kalifornier Jim Rose und seine Circus Side Show atomisieren mit Horror und Comedy das Publikum und den guten Geschmack im Grünspan

Was erwartet wohl jemand von seinem Publikum, der Feuer aus Vaginas sprühen läßt, Football mit laufenden Kettensägen spielt oder Penis-Bungee-jumping veranstaltet? Für Jim Rose keine Frage: „Gelächter natürlich“, so der Kalifornier, dessen Circus Side Show am 4. Juni in Hamburg Station macht, „schließlich machen wir Comedy.“

Zum Lachen soll es also sein, wenn die sechsköpfige Gruppe um Jim Rose über die Bühne wirbelt, dabei nach allen Regeln der Kunst eben diese vernachlässigt, und untermalt von Industrial-Klängen im Stile der Nine Inch Nails auf dem guten Geschmack des Main-streams rumtrampelt.

Früher nannte er das Kunst und verbat sich jede Kritik an dieser Wortwahl. Heute, nach fast 17jähriger Bühnenerfahrung, sieht er das gelassener, denn die Leute sind nicht mehr nur schockiert, angeekelt oder fasziniert, sie sind auch leichter zu amüsieren: „Wir sind nicht weniger schockierend als früher, die Leute können einfach mehr ab.“

Zum Beispiel interaktives Frauen-Sumo-Ringen, wo jede Besucherin mit der verlockenden Aussicht, mittouren zu dürfen, gegen Champions antreten kann. Oder mexikanisches Transvestiten-Wrestling, dessen Ziel es ist, dem Gegner umgeschnallte Plastikdildos drei Sekunden in den Mund zu stopfen – Geschmack ist ja so relativ.

Im Ausland füllt Jim Rose damit, wenn er nicht gerade Auftrittsverbot hat, riesige Hallen: Auf dem Melbourne Comedy Festival hält er seit vergangenem Jahr den Zuschauer-Rekord von 17.000 in einer Woche, und auch beim Edinborough Festival ist er, was Besucherzahlen betrifft, ungeschlagen. Seine Popularität ist so groß, daß sein Zirkus gar in Comicform bei den Simpsons mitspielte und er es zu einem Auftritt als Verdächtiger in der okulten Horrorserie Akte X brachte.

In Deutschland ist er hingegen fast unbekannt, ob- wohl beide Serien auch hierzulande Kultstatus beanspruchen und es, anders als in England, keine Probleme mit Sittenwächtern gibt. „Die Zeitungen berichten immer erst nach den Shows über uns“, beklagt sich der 40jährige, „und dann meistens unsachlich. Die Pauschalkritik lautet, wir machen vulgären Horror“, aber, so das eherne Show- Prinzip, „in der Show fließt kein einziger Tropfen Blut.“Ein Grund mehr, hinzugehen. Jan Freitag

Mi, 4. Juni, 21 Uhr, Grünspan