House Number 51

■ Das Gröpelinger Lichthaus will sich als Ort für innovative Kunst etablieren. Für das Programm will Horst Griese sorgen

In seiner Zeit als Ausstellungsmacher des Künstlerhauses am Deich hat Horst Griese mal zählen lassen: Mindestens 50 Kunstausstellungsräume gibt es in Bremen. Sollte eigentlich reichen. Nichtsdestotrotz: Bald werden es 51 sein. Und schuld ist ausgerechnet einer, der es besser wissen müsste – Horst Griese.

Das Lichthaus in Gröpelingen hat es ihm angetan. Dort hockt Griese nach seinem einjährigen Intermezzo am Hamburger Kunstverein seit neuestem und will in dem ehemaligen Betriebratsgebäude der 1983 untergegangenen Werft AG Weser darüber nachdenken, welche Kunst der Stadtteil künftig braucht. Dass Gröpelingen ausgerechnet Kunst braucht, ist so offensichtlich zunächst nicht.

Denn seit dem Niedergang der Häfenindustrie pendelt der Bremer Westen in einem offenen Prozess zwischen Ghettoisierung und Boomtown, zwischen besorgniserregender Arbeitslosigkeit und jenen ambivalenten Gefühlen, die das Großprojekt Space Park und die optimistisch stimmenden Ergebnisse der Sanierungsanstrengungen vor allem im Lindenhofquartier hervorrufen. Kurzum: „Gröpelingen ist spannend“, sagt Griese, „und spannende Orte sind gute Orte für innovative Kunst.“

Genau die will Griese als Kurator des Lichthaus im wahrsten Sinne des Wortes in das Stadtviertel tragen. Denn obwohl das am Rande der derzeitigen Space-Park-Großbaustelle liegende Lichtaus über einen eigenen Ausstellungsraum verfügt, will Griese seine Projekte vor allem anderswo stattfinden lassen. Mit der Dependance der Stadtbibliothek oder dem Verein „Kultur vor Ort“, der gerade ins Torhaus Nord an der Liegnitzstraße eingezogen ist, hat er bereits interessierte Kooperationspartner gefunden.

Eine Art Mund-zu-Mund-Beatmung des in den 70er Jahren so lebendigen und inzwischen siechen Patienten „Kunst im öffentlichen Raum“ schwebt Griese vor. KünstlerInnen, die auf ökomische Umbruchsituationen und ihren Niederschlag im Alltag der Menschen reagieren, interessieren ihn besonders. Griese ist sich sicher, dass die Atmosphäre in Gröpelingen auf diese KünstlerInnen stimulierend wirkt. „Hier stößt schließlich auf wenigen Quadratmetern die graue Vorzeit der Industrialisierung auf einen umgepflügten Kartoffelacker, wo schon bald mit dem Space Park ein Symbol für Bremens Zukunft erbaut wird, hart aufeinander.“

Mit einem vom Trägerverein Lichthaus e.V. zugesagten, aus Mietüberschüssen gespeisten festen Etat und einer Planungssicherheit von zwölf Monaten will Griese bis zu acht Ausstellungen mit regionalen und internationalen KünstlerInnen pro Jahr organisieren. Griese glaubt nicht, dass diese finanzielle Abhängigkeit von den Lichthausmietern – neben Webdesignern und Fotografen belegt immerhin die Space-Park-Planungsgruppe beinahe die Hälfte des Gebäudes – Einfluss auf die Inhalte der Kunstprojekte haben wird. Er wolle Kunst zeigen, die urbane Umbrüche bearbeitet und in diesem Sinne auch politisch ist. „Dabei wird sicher auch der eine oder andere kritische Kommentar zu stadtplanerischen Entwicklungen sein, die in Gröpelingen sichtbar werden. Wenn das nicht möglich ist, stünde es schlecht um die öffentliche Debattenkultur.“ Dass der Trägerverein mit dem Ausstellungskonzept, das den Namen „.plus neue kunst“ tragen wird, auch Imagepflege über bildende Kunst betreiben will, stört Griese nicht. „Wäre ich nicht davon überzeugt, dass das Lichthaus eine gute Einrichtung und Gröpelingen ein interessanter Stadtteil wäre, hätte ich den Job nicht angenommen.“

Für 2001 hat Griese vier Ausstellungen konzipiert. Den Auftakt wird im April das französische Duo Michel Dector und Michel Dupuy machen. Beide haben sich in der Vergangenheit mit den Mitteln der Malerei mit randständigen Phänomenen urbaner Entwicklungen beschäftigt. Ob Graffitis, ob zerstörte Bierflaschen – Dector/Dupuy lesen diese überall im Stadtbild anzufindenen Spuren als Zeichen sozialer Kämpfe, als Indizien für tiefe Verwundungen. Ihnen werden im Juni die beiden KünstlerInnen Katya Sander und Alex Villar folgen, ehe Simon Starling aus Glasgow und der Berliner Knut Eckstein das erste Jahr von „.plus neue kunst“ abschließen werden. zott

Kontakt & Info: Tel.: 50 55 97; www.lichthaus.de/plus