Jukebox

Verzerrtes Echo einer Jazz-Geschichte

Der Saxofonist Pharoah Sanders besteht noch heute auf dem feinen Unterschied, dass es damals seine Band war und Leon Thomas lediglich der Sänger gewesen sei.Februar 1969, der Free Jazz war gerade noch in und Fusion bahnte sich schon den Weg, da nahmen Leon Thomas und Pharoah Sanders „The Creator Has A Masterplan“ auf, ihren großen gemeinsamen Song, der ihnen Ruhm, aber auch Streit und Zerwürfnis brachte. Die Message des Songs war „Spirits, Peace and Happiness!“

Da Leon Thomas seine Stimme wie ein Instrument einsetzen konnte, war er der ideale Sänger in jener Zeit, als Visionäres und Ideologisches weit höher im Kurs standen als Handwerk und Bedienungsanleitungen. Was Pharoah zusammen mit seinem Saxofon aus diesem Material machte, blieb im kollektiven Jazzgedächtnis hängen. Er kultivierte den Spirit der Sechziger: Zittrige Musik, laut und warm, der Echoeffekt bewirkt, dass sein Saxofon noch spielt, wenn er es bereits aus dem Mund genommen hat, und seinen Nach-Coltrane-Cry hat er durch Zirkularatmung in endlose melodische Schleifen integriert und perfektioniert.

Bei dieser Musik glaubt man dem Mann sofort, dass er es ernst meint mit dem Satz, er sei von Gott gesegnet. Denn „The Creator Has A Masterplan“ ist einer der impulsivsten Songs des New Thing, kaum eine Jazzaufnahme hat die soziale Dynamik, Aufbruchstimmung und Befindlichkeit jener Tage genauer eingefangen, als die über dreißigminütige Masterplan-Version von Sanders und Thomas, die sich auf dem Album „Karma“ von Pharoa Sanders findet. Sanders hat seinen Off-Hit bis heute unzählige Male intoniert. Die Coverversionen und Samples brachten ihm vermutlich mehr Geld als alles, was er sonst so machte. Trotzdem reagiert er noch heute empfindlich auf die Frage, wer von beiden nun der eigentliche Creator vom „Masterplan“ war.

Christian Broecking