Aktie und Börse Teil 6
: Renaissance–Fürsten in den Banken

■ Die Banker–Branche profitiert noch am meisten vom Aktien– und Börsensystem / Aktienbesitz von 10 Milliarden DM bei Deutscher Bank

Macht, Allmacht, Omnipotenz, Beherrschen, Ordnen, Verordnen, geistige Herrschaft über ein filigranes Netz von Management. Für keine Branche trifft dies mehr zu als für das Geld– und Kreditgewerbe im allgemeinen - im speziellen für die Deutsche Bank. Während Tausende von Firmen pleite gehen, Millionen von Menschen müßig stehen, jagen die deutschen Großbanken von einem Rekordergebnis zum anderen. Zweistellige Gewinnzuwächse sind dabei die Regel. Mit einem gigantischen Filialnetz kontrollieren diese Mammut– Geldhäuser fast die gesamte Wirtschaftswelt. Macht und Einfluß ist dank der Kundendepots (Erklärung weiter unten) sowie eigenen Beteiligungen an Industrieunternehmen so groß, daß sie selbst rechten Politikern als „gefährlich für den Staat“ gelten. Bei Vorlage des Monopolgutachtens der Regierungskommission bemerkte Graf Lambsdorff, daß man sich angesichts des Machtzuwachses der Banken etwas ausdenken müsse. Ihre Männer bringen sie nach „Mafia–Manier“ in allen wichtigen Gremien in Wirtschaft und Verwaltung, Verbänden und Medien unter. Ohne geschweige denn gegen den Willen des neuen Geldadels läuft nichts mehr in deutschen Landen. Wieso sind gerade die Banken so machtvoll und nicht die Großindustrie mit ihren „Vor– und Rückwärtskoppelungen“? Die deutschen Banken müssen ihrem Schöpfer danken, daß er das Universalbankensystem erfunden hat. Sie dürfen alles, was sie möchten. Die Geldinstitute in anderen Ländern, z.B. in den USA, müssen sich spezialisieren: Sie handeln entweder mit Wertpapieren, oder sie betreiben das Einlagen– und Kreditgeschäft. Die Geldinstitute in der Bundesrepublik dürfen nicht nur Kredite gewähren (oder dies unterlassen), sondern auch mit Wertpapieren handeln (was nur sie dürfen), sich an Industrieunternehmungen beteiligen und diese kontrollieren sowie auf Hauptversammlungen über das Depotstimmrecht die Interessen anderer Aktionäre vertreten. Mit diesem System in der Hand können sie selbstherrlich und uneingeschränkt schalten und walten - Renaissance–Fürsten gleich, wie Der Spiegel die Geldmanager von der Deutschen Bank titulierte. Allein der Beteiligungsbeseitz ist ein Potpourri durch die deutsche Wirtschafts–Landschaft. Europas profitabelstes Automobilunternehmen, Daimler–Benz, gehört zu fast einem Drittel der Deutschen Bank. Bei der Frankfurter Philipp Holzmann AG, Deutschlands grö ßtem Bauunternehmen, ist die Deutsche Bank mit rund 35 Prozent vertreten. Bei dem Versicherungsriesen Allianz ist sie mit 7 die führenden Kaufhäuser Horten (25 (25 ), Hutschenreuther und Südzucker und und und. Bei der „kleinen“ Commerzbank reichen die fetten Beteiligungsbrocken von Karstadt (25 ), Hannover Papier (25 (12,5 ), Thyssen (5 ). Die Pakete sind Milliarden wert. Schon die 28,5 Prozent an Daimler– Benz sind halb soviel wert wie sämtliche Deutsche Bank–Aktien. Gemessen an den aktuellen Börsenkursen kommt die Deutsche Bank auf ein Portefeuille von mehr als 10 Milliarden Mark und weitere indirekte Beteiligungen. 400 Unternehmen in der Hand der Deutschen Bank Aber es geht um mehr als um Geld: Es geht um Macht. Die deutschen Geldmanager haben Obacht über die 100 größten Industrieunternehmungen der Republik. Sie haben alles unter Kontrolle - als ihr „Pate“ die Deutsche Bank: Die Crew der DB sitzt in den Aufsichtsräten der Autokonzernen VW und Daimler, der Elektroriesen Siemens, Bosch und Nixdorf; sie beraten den fast gesamten Stahlbereich: Thyssen, Hoesch, Klöckner, Salzgitter und Arbed Saarstahl; die führenden Kaufhäuser Karstadt, Kaufhof und Horten. Sie kontrollieren die führenden Energiekonzerne RWE, Veba und VEW; die Chemiegiganten Bayer, Hoechst und BASF. Sie sitzen in den Versammlungen bei Schering und Henkel, bei Bertelsmann und Gruner und Jahr, bei Reemtsma und Brinkmann, bei Allianz und Gerling, bei Mannesmann und Rheinmetall, bei Holzmann und Strabag. Die 12 Vorstandsmitglieder der Deutschen Bank haben 145 Aufsichtsmandate inne und beraten in mehr als 200 Verwaltungs– und Beiräten. Sie kennt also das Innenleben von rund 400 Unternehmen. Die deutschen Banker gelangen selbst bei Konzernen mit breiter Aktienstreuung zu Großaktionären. Möglich macht dies das sogenannte Depotstimmrecht. Kleinaktionäre treten im allgemeinen ihr Stimmrecht für Hauptversammlungen an die Bank ab, bei der sie ein Depot unterhalten. Wer fährt schon wegen drei Daimler– Aktien von Berlin nach Stuttgart? Auf diese Weise vertreten die drei Großbanken bei Unternehmen wie Siemens und Bayer, bei denen keine Beteiligungen vorliegen, 95 der Stimmen auf der Hauptversammlung, das gleiche gilt für BASF und Hoechst, für Mannesmann und Thyssen. Sogar teilstaatliche Unternehmen wie VW und Veba stehen unter Aufsicht der Deutschen Bank. Denn die DB ist auch bei den Depotstimmrechten federführend: Sie besitzt die meisten Kleindepots. Die Banken werfen die Netze aus. Sie ziehen an die Börse, was noch keine Aktiengesellschaft ist. Während sich die privaten Unternehmungen über Kredite finanzieren, schießt die Bank den künftigen Aktiengesellschaften das Geld vor, zerlegt das Kapital in Aktienanteile, erhält durch Verkauf der Aktien das Geld zurück und die Neuemission ist perfekt. Daß sie auch hier nicht selbstlos arbeiten, versteht sich bei „Sonnenkönigen“ von selbst. Sie setzen sich in die Kontrollgremien der Unternehmungen, und sie kassieren beim Aktienverkauf kräftig ab. Wie kolossal der Gewinn sein kann, zeigt der Verkauf des Flick– Imperiums durch die Deutsche Bank. Allein das Daimler–Paket aus dem Flick–Vermögen hatte einen Börsenwert von 3,9 Mrd. Mark. Flick wollte für seinen Familienbesitz Daimler, Grace, Buderus und Feldmühle Nobel AG 5 Mrd. Mark (nach Spiegel–Berechnungen sind das 100 Jahre lang jede Woche sechs Richtige im Lotto). Schon durch den Verkauf der Daimler– und Grace–Aktien hatte die Deutsche Bank einen Überschuß von 300 Million Mark erzielt. Mit einigem Geschick wurde da versucht, bei guter Börsenstimmung die neuen Aktien zu verkaufen. Kenner der Szene sind überzeugt, daß die Deutsche Bank bei der Daimler–Emission einen alten Börsentrick anwandte: Die Deutsche Bank kaufte zuerst Daimler Aktien, um die Kurse hochzutreiben, und bringt dann allmählich die Flick–Papiere unter. Immerhin bringen fünf Prozent rauf oder runter bei den Daimler– Aktien 145 Millionen Mark. Der Gesamtgewinn aus dem Verkauf des Flick–Pakets brachte rund zwei Milliarden Mark - für eine einfache Maklertätigkeit. Ständig wird daran gearbeitet, das Terrain zu erweitern: Ähnlich trick– und ertragreich verliefen auch die Einführungen der Börsenneulinge wie Springer und Porsche, Nixdorf und B.B.– Puma. Fast zwei Drittel aller Neu– Emissionen der vergangenen Jahre zog die Deutsche Bank durch. Auch hier gilt für die Kreditinstitute, allen voran die Deutsche Bank: Sie kassieren ab: bei jeder Kapitalerhöhung, bei jedem Kauf– und Verkaufsakt von Aktien 3