Für Den Papierkorb

■ Zur Haltung der FDP in der Kronzeugenfrage

„Für den Papierkorb“ - so buchstabiert der Hamburger Spitzenkandidat der CDU, Perschau, die FDP. Wohlfeiler, verdienter Spott. In der Tat ist kaum noch möglich, Erschütterung zu heucheln über freidemokratische Umfälle. Daß sich die Partei im Ernstfall ihre wichtigste Regierungslegitimation - nämlich rechtsstaatliche Korrektur gegenüber der CDU zu sein - notfalls abhandeln läßt, nimmt man als eines der Naturgesetze Bonner Politik hin. Dennoch erschüttert, wie die FDP–Bundestagsfraktion diesen Anspruch wegwirft, als sei es dreckige Unterwäsche. Sofort nach dem Mord an von Braunmühl setzte von Geißler bis zur FAZ die Kampagne gegen die „linken FDP–Politiker“ ein. „Staatsdemontage“ wurde ihnen vorgeworfen. Angesichts dieser Kampagne konnte nicht Kühnheit, nicht republikanische Beredsamkeit erwartet werden. Wir plädieren auch nicht angesichts freidemokratischer Knieweichheit für steife Gelenke, wir plädieren schlicht für das gebotene Maß an Opportunismus: Gegenüber der Kronzeugenregelung hätten die Liberalen ohne Mühe (und ohne Angst) die italienischen Erfahrungen einbringen können. Immerhin hat der italienische Republikaner Spadolini davon gesprochen, daß mit der Einführung des Kronzeugen das italienische Rechtssystem „ruiniert“ worden sei. Baum und Hirsch hätten opportunistisch genug sein und begreifen müssen, daß jetzt die große Stunde der Liberalen angebrochen ist. Es wäre auf Dauer kaum durchzuhalten gewesen, rechtsstaatliche Bedenken gegen die Kronzeugenregelung als Komplizenschaft mit dem Terror zu denunzieren. Gerade die wüste Kampagne von rechts barg die Chance, die unverzichtbare Bedeutung der FDP bis zum Wahltag für die Restwählerschaft deutlich zu machen. Aber der Bundestagsfraktion ist offenbar der letzte Rest opportunistischen Realitätssinnes flöten gegangen. Mit delirierendem Kleinmut bringt sich die FDP genau an der Stelle zum Verschwinden, wo die rechten Gegner sie noch vermuten. Sollte der Kronzeuge legalisiert werden, ist das die Sterbeanzeige der FDP. Klaus Hartung