Haus für Flüchtlinge besetzt

■ Mit der Besetzung eines leerstehenden Wohnhauses demonstrieren Tübinger Studenten, daß auch für Flüchtlinge Wohnraum da ist / Iraner sollten in eine Baracke nach Wangen verfrachtet werden

Aus Tübingen Petra Seitz

Aus Solidarität mit den 24 iranischen Asylbewerbern, die sich seit zwölf Tagen mit einem Hungerstreik gegen ihre Verlegung in das enge Lager in Wangen zur Wehr setzen (taz vom 2.12.), haben am Dienstag Studenten ein leerstehendes Haus in der Tübinger Südstadt besetzt. „Wir wollen damit zeigen, daß es nicht an Wohnraum fehlt, sondern am Willen, die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen“, heißt es in einem Flugblatt der Fachschafts–Vollversammlung. Unterdessen hat das Verwaltungs gericht Stuttgart erwartungsgemäß den Widerspruch der Iraner gegen ihre „Verschubung“ abgelehnt. Eine polizeiliche Räumung des Gemeindehauses der evangelischen Kirche am Tübinger Marktplatz, in dem sich die Hungerstreikenden aufhalten, steht aber vorerst nicht an. Die Stadtverwaltung, so der Leiter des Ordnungsamtes, sei an einer friedlichen Lösung interessiert. Bei den Verhandlungen zeigten allerdings bislang das für die Unterbringung der Asylbewerber zuständige Regierungspräsidium und die Tübinger Stadtverwaltung keinerlei Kompromißbereit schaft. Nach ihren Vorstellungen und denen der Stadt Wangen ist die Wangener Unterkunft - eine Holzbaracke mit zwölf Räumen von jeweils 13,5 qm, zwei Duschen, zwei Toiletten und zwei Küchen - menschenwürdig und zur Unterbringung von insgesamt dreißig Asylbewerbern „gut geeignet“. Einen Kompromißvorschlag der iranischen Flüchtlinge, die Baracke mit zwanzig Personen zu belegen und für die übrigen Iraner andere Wohnmöglichkeiten zu beschaffen, lehnte auch der Ältestenrat des Tübinger Gemeinderats ab. Gestern fuhr der Erste Bürgermeister Kroymann mit den Iranern und Vertretern von SPD und Alternativer Liste nach Wangen, um die Holzbaracke zu besichtigen und mit der dortigen Stadtverwaltung über Verbesserungen der Wohnsituation zu beraten. Das Tübinger „Aktionskomitee gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“, das den Hungerstreik unterstützt, durfte nicht mitfahren, weil es die Flüchtlinge angeblich aufhetzt. Die Iraner hofften gestern immer noch, daß die Behörden, würden sie die Baracke einmal selbst sehen, ein Einsehen hätten.