Wenn die Popen in den Krieg ziehen...

■ Griechenlands orthodoxe Kirche wehrt sich heftig gegen die Enteignung ihres Landbesitzes / Mit Schließung der Kirchen bis zum Bann von Regierungsmitgliedern will sie ihren Besitz verteidigen / Schützenhilfe von der Konservativen Partei

Aus Athen Georg Schwarz

Die „Heilige Synode“ der griechischen Orthodoxie steht vor schwierigen Zeiten. Nach einer stürmischen Sitzung gestern morgen forderten die 72 Mitglieder ein sofortiges Treffen mit Premier Andreas Papandreou, um sich Gehör für die Probleme der Kirche zu schaffen. Als er sie an dem zuständigen Minister für Erziehung und Religion verwies, fühlten sich die heiligen Väter „zutiefst beleidigt“. Eine siebenköpfige Kommission, die in einer außerordentlichen nächtlichen Tagung zusammengestellt wurde, soll nun „Maßnahmen“ der Kirche ausarbeiten und koordinieren. Was die Popen unter „Maßnahmen“ verstehen, haben sie der griechischen Presse schon vorige Woche offenbart: Alle Kirchen des Landes sollen geschlossen werden, denn die Orthodoxie ist verfolgt. Die Glocken werden - wie an Karfreitag - Trauer läuten. Das Kirchenvolk soll über die „räuberischen Regierungsmaßnahmen“ aufgeklärt werden. Mitglieder der Regierung werden mit Kirchenbann belegt. Die Kampferklärungen der Väter richten sich hauptsächlich gegen den Minister für Erziehung und Religion, Antonis Tritsis. Er hatte vorige Woche dem Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt, wonach ein Teil des kirchlichen Landbesitzes beschlag nahmt und an besitzlose Bauern oder landwirtschaftlichen Kooperativen verteilt wird. Dies hatten die Sozialisten eigentlich schon seit ihrem Wahlsieg 1981 versprochen. Den übrigen Kirchenbesitz sollen Kommissionen, die von der Kirchenführung sowie der Pfarrgemeinde gewählt wurden, verwalten. Dies geht dem geschäftstüchtigen griechischen Klerus aber zu weit. Denn Einblick in seinem auf 25 Mrd. DM geschätzten Vermögen, geschweige denn Verwaltungsfunktionen, hat er seit der Unabhängigkeit Griechenlands 1830 nie geduldet. Der Kirchenbesitz besteht vor allem aus Immobilien: Allein in der Athener Innenstadt besitzt der Klerus Hotels, Kinos, Diskotheken, fünf Theater sowie an die 50 große, mehrstöckige Geschäfts– und Bürohäuser. Aus diesen Liegenschaften fließen in die Kirchenkasse jährlich mehr als fünf Mil lionen DM an Mieten, darunter auch aus der Staatskasse. Selbst das Gebäude des nun verdammten Ministeriums für Erziehung und Religion ist Besitz der Kirche. Zum Landbesitz zählen 1.500 Quadratkilometer, hauptsächlich Wälder, Wiesen und Felder, von denen viele brach liegen. Dazu kassieren die Bischöfe einen Teil des Umsatzes aus der staatlichen Lotteriegesellschaft. Die Ausgaben der Kirche sind hingegen geringfügig: Die Popen werden seit 1967 vom Staat besoldet und haben Anspruch auf Pension, was die Staatskasse jährlich mit weiteren 13 Mrd. DM belastet. Nun sprechen die heiligen Väter von der „Unterjochung der unabhängigen griechisch–orthodoxen Kirche“ und von der „Sowjetisierung“ der griechischen Gesellschaft. Sie fürchten, daß „kommunistische Kooperativen“ im Genuß ihres Besitzes kommen. Denn eigentlich - oh Barmherzigkeit - hätten sie doch gerne das Land „mittelosen“ Bauern oder „armen Großfamilien“ zur Verfügung gestellt - was sie freilich bisher tunlichst unterlassen haben. „Unsere Kirche von den Marxisten zu reinigen“, forderte der Bischof von Saloniki in einer feurigen Rede. Die Heilige Synode fand einen unerwarteten Alliierten, nämlich den Vorsitzenden der konservativen Oppositionspartei „Nea Dimokratia“, Konstantinos Mitsotakis. Vergangenen Dienstag empörte er sich: „Nicht mal Mehmet der Eroberer oder irgendein anderer Sultan hat sich während der langjährigen Unterjochung der Nation jemals getraut, die orthodoxe Kirche wirtschaftlich und verwaltungsmäßig derart zu unterwerfen, wie es heute die Sozialisten tun.“ Als Gegenleistung haben ihm die heiligen Väter versprochen, in den Gotteshäusern offen gegen die PASOK zu propagieren.