P O R T R A I T „Back to Africa“

■ Marcus Garvey, Begründer des schwarzen Fundamentalismus, hätte heute 100. Geburtstag

Berlin (taz) - „Back to Africa“ - diese Devise stammt von einem Jamaikaner, dessen 100. Geburtstag heute die schwarze Bewegung in den USA feiert: Marcus Garvey. In den 20er Jahren bestimmte er die farbige Bürgerrechtspolitik in Amerika, in Afrika und Europa. Als 28jähriger gründete Garvey in New York die Universal Negro Improvement Association (UNIA), deren Programm sich von einer bloßen Reformpolitik für Schwarze radikal absetzte. Garvey hatte keinerlei Illusionen über die Chancen der Neger in einem hellhäutigen Amerika. Einer der Hauptpunkte der UNIA war die Rückkehr aller Schwarzen der Welt nach Afrika. Mit der Herausgabe der ersten Tageszeitung für Farbige in den USA, der Negro World, erreicht Garvey eine breite Massenbasis auch im Süden. Die UNIA gewinnt weltweit sechs Millionen Mitglieder. 1919 startet Garvey das größte Projekt schwarzer Unternehmensgeschichte: Er eröffnet eine Schiffahrtsgesellschaft für den karibischen Raum und nach Afrika. Die „Black Star Line“ soll die Diskriminierung farbiger Passagiere beenden, die Schwarzen aller Kontinente durch Handelsbeziehungen zusammenrücken lassen und zur Flotte für die Heimkehr der Afro–Amerikaner werden. In den Häfen werden die Schiffe von jubelnden Menschenmassen begrüßt, aber sie bringen niemals Schwarze nach Afrika zurück: Die USA und England sabotieren Garveys politische und geschäftliche Unternehmungen, die Negro World wird verboten, UNIA–Mitglieder erhalten keine Einreisevisa. Garvey wird schließlich aus den USA ausgewiesen. Sein Versprechen der Rückkehr nach Afrika bleibt für Millionen Schwarze uneingelöst. Den schwarzen Amerikanern hat Garvey aber ein Vorbild politischer Radikalität und kultureller Selbstachtung hinterlassen, das von der Idee nachholender Gleichberechtigung abrückt und über nationale Interessenspolitik hinaus einen weltweiten schwarzen Fundamentalismus begründet. Einer der treuesten Anhänger Garveys in den Südstaaten war der Prediger Earl Little. Und dessen Sohn Malcolm X läßt 1960 als Führer der Black Muslims den schwarzen Fundamentalismus wieder zum Schreckgespenst des weißen Amerikas werden, das so tut, als kenne es keinen Rassenunterschied. Theodor T. Heinze