I N T E R V I E W Omnipotente Männerphantasien

■ Günther Amendt zur Begründung seines Boykott–Aufrufs

taz: Es gibt mittlerweile einige Kritiker Deines Boykottaufrufs. Hältst Du ihn weiterhin aufrecht? Günther Amendt: Entscheidend ist nicht, ob ich an meiner Position festhalte, entscheidend ist einzig, wie Homosexuelle - einzeln oder organisiert - auf die Aushorchung reagieren, denn sie sind die Objekte einer von der Bundesregierung finanzierten Befragung. Sie haben reagiert und als Bundesverband der Homosexuellen zum Boykott aufgerufen. Einzelne Gegenstimmen überzeugen mich nicht, die Argumente sind schwach, die Motive undurchsichtig. Es wollen sich eben auch viele Sozialwissenschaftler den Zugang zu den AIDS–Millionen nicht verbauen. Ist dein Argument von der „Auftragsforschung“ eigentlich so haltbar? Die Auftraggeber der Untersuchung wären Narren, wenn sie einem Mann wie Martin Dannecker in das Forschungskonzept bzw. die Entwicklung des Fragebogens hineinreden würden. Ihre Stunde kommt, wenn die Ergebnisse vorliegen. Sie haben die Macht und die Medien, die Ergebnisse in ihrem Sinne zu interpretieren. Wie das läuft, haben wir alle in den zurückliegenden Jahren erlebt, denn es liegt seit 1975 eine Untersuchung vor, „die so sorgfältig und detailliert ist, daß man seither nicht auf Vermutungen und das Auswerten anekdotischer Berichte angewiesen ist. Obgleich diese Studie in Ihrem Haus bestens bekannt ist, verlangt der Spiegel eine staatlich gelenkte Homosexualitätsforschung.“ Das sagte Martin Dannecker in einem offenen Brief an Rudolf Augstein. Es wird doch zur Zeit schon ein haarsträubendes Homosexuellen–Bild in der Öffentlichkeit vermittelt. Glaubst du nicht, daß eine Studie, wie die von Dannecker geplante, eine öffentliche Diskussion initiieren kann, die dieses Bild korrigiert? Ich halte die Vorstellung, man könne ein ges Dannecker und mir geht es um die Frage, ob H Hast du mit deinem Satz von der homosexuellen „Subkultur als Suchtkultur“ nicht auch zu einem negativen Bild in der Öffentlichkeit beigetragen und hältst du deine These weiter aufrecht? Auf die homosexuelle Subkultur bezogen habe ich den Ausdruck zurückgenommen, obwohl er etwas beschreibt, was nicht einfach zu verleugnen ist. Auch Dannecker spricht „in aller Vorsicht“ von einem süchtigen Sexualverhalten. Unter den Bedingungen einer warenproduzierenden Gesellschaft wird alle Kultur zur Suchtkultur. Interview: Andreas Salmen