Austrias Jugend noch rebellischer

Wien (ap) - Der Vorlesungsboykott der mehr als 160.000 Studenten an den österreichischen Hochschulen hat sich am Donnerstag weiter ausgebreitet und auch auf Gymnasien übergegriffen. An allen Hochschulen und Universitäten wurden die Protestaktionen gegen die geplanten Kürzungen der Sozialleistungen fortgesetzt. Bereits am Mittwoch abend hatten die Aktionen und Demonstrationen der Studenten in Wien einen „Jahrhundert–Stau“ ausgelöst, der selbst die Polizei zum Benutzen der U–Bahnen zwang. Studenten hielten in mehreren Universitätsstädten, etwa Wien und Graz, Teile der Hochschulen während der Nacht besetzt. Sie wollten ihren Boykott unbefristet fortsetzen und so die Regierung zur Rücknahme ihrer Sparbeschlüsse zwingen. Bei einem Gespräch mit Kanzler Franz Vranitzky lehnten sie Kompromisse ab. Am Donnerstag kam es in Wien neuerlich zu Demonstrationen. Ein großes Polizeiaufgebot sicherte öffentliche Gebäude. In Wien schlossen sich auch Schüler den Aktionen an. Für Freitag wurden alle Gymnasien zu Solidaritätsboykotts aufgerufen. Am Mittwoch hatte der landesweite Boykott begonnen. In Wien gingen mehrere tausend Studenten für Stunden auf die Straße. Dadurch kam der Verkehr in der gesamten Innenstadt zum Erliegen. Selbst Polizeieinheiten wurden aufgefordert, auf Einsatzfahrzeuge zu verzichten. Eltern von Studenten rechneten vor, daß sie eine Verwirklichung der Regierungsbeschlüsse bei Studenten mit einem Alter über 25 Jahren zwischen 5.000 und 7.000 Schilling (etwa 700 bis 1.000 Mark) monatlich kosten könnte. Auf Transparenten in Wien hieß es: „Die Bonzen fressen Lachs und Hummer - uns bleibt nur die Kummernummer“.