Polizei bedient sich im Fernsehstudio

■ Unveröffentlichtes Bildmaterial über Begräbnis in Nordirland von der nordirischen Polizei beschlagnahmt / Irische Journalistin wegen Sinn Fein–Interview gefeuert / Gewerkschaft droht mit Streik

Von R. Paasch / R. Sotschek

London/Dublin (taz) - Die nordirische Polizei RUC hat sich am Mittwochabend unter Bezugnahme auf das Anti–Terrorismus– Gesetz bei den britischen Fernsehanstalten BBC und ITV in Belfast bisher nicht veröffentlichte Filmaufnahmen über das Begräbnis von drei Katholiken am vergangenen Samstag „besorgt“. Im Verlaufe der Trauerfeier waren zwei britische Soldaten von einem IRA– Kommando erschossen worden. Hatten sich die Fernsehanstalten noch am Tage zuvor lautstark geweigert, dem Staat Zugang zu ihren Filmdokumenten zu gewähren, so wurden den vor den Studios auftauchenden RUC–Beamten am Mittwochabend die geforderten Filmrollen widerspruchslos ausgehändigt; man müsse sich nun mal an die Gesetze halten, hieß es. Dem Umfallen der Fernseh–Oberen war eine gezielte Medien– Schelte Frau Thatchers vorausgegangen, in der sie die nicht kooperationswilligen Fernsehanstalten der Unterstützung des „Terrorismus“ beschuldigt hatte. In der Atmosphäre des sorgfältig orchestrierten Volkszorns über den Tod der beiden britischen Soldaten in Nordirland traute sich auch die Labour Party nicht, den zur Übergabe der Filmdokumente in Anspruch genommenen „Prevention of Terrorism Act“ zu kritisieren oder sich für ein Zeugnisverweigerungsrecht der Medien einzusetzen. Reinigungsversuch im irischen TV Irlands Journalisten–Gewerkschaft droht mit Streik, falls die öffentliche Rundfunk–Anstalt RTE die Kündigung einer Journalistin nicht zurücknimmt. Jenny McGeever ist am Dienstag entlassen worden, weil sie während einer Radio–Livesendung den Vizepräsidenten der Sinn Fein interviewed hat. Nach Paragraph 31 des irischen Rundfunkgesetzes dürfen Mitglieder bestimmter Organisationen im Radio und Fernsehen keine Redezeit erhalten. Neben verschiedenen paramilitärischen Gruppen betrifft das Verbot auch die legale Partei Sinn Fein. Allerdings bricht RTE das Gesetz ständig selbst, da es durch seine Tochtergesellschaft „Cablelink“ Millionen irischer Haushalte per Kabel mit britischen und nordirischen Fernsehprogrammen versorgt, für die das Interview–Verbot nicht gilt. Ein Sprecher von RTE behauptete, daß Sinn Fein versuche, RTE „zu unterwandern“. Zu Live–Diskussionen im Radio und Fernsehen, an denen das Publikum teilnehmen kann, sende Sinn Fein unbekanntere Mitglieder, die den Standpunkt der Partei dann vertreten würden.