Generalstreik lähmte Portugal

■ Erstmals gemeinsame Aktion der kommunistischen und sozialistischen Gewerkschaften gegen die von der sozialdemokratischen Regierung unter Cavaco Silva geplante Aufweichung des Kündigungsschutzes

Lissabon (afp) - In fast allen Städten Portugals sowie in einigen Industriebetrieben hat gestern ein auf 24 Stunden befristeter Generalstreik zu erheblichen Verzögerungen geführt. Das gesamte öffentliche Verkehrswesen sowie die Inlandsflüge der staatlichen Luftfahrtgesellschaft TAP waren durch den Streik lahmgelegt, zu dem die beiden führenden Gewerkschaftsverbände CGTP (kommunistisch) und UGT (sozialistisch) erstmals in ihrer Geschichte gemeinsam aufgerufen hatten. Aus dem Amtssitz des Regierungschefs, gegen dessen Politik sich der Ausstand in erster Linie richtete, hieß es in einer Erklärung lakonisch, „im Lande (laufe) alles bis auf den Verkehrssektor normal - ungeachtet eindeutiger Fälle von Sabotage“. Der Streik, der zuvor die Zustimmung von knapp 300 Einzelgewerkschaften mit insgesamt zwei Millionen Arbeitnehmern erhalten hatte, richtete sich gegen die von der sozialdemokratischen Regierung beabsichtigte verschärfte Reform des Arbeitsrechtes, die eine „liberalere“ Praxis bei Entlassungen zuläßt. Ministerpräsident Anibal Cavaco Silva ließ denn auch wissen, der Streik werde an seinem Vorhaben „nichts ändern“, das Arbeitsrecht zu novellieren, um der Privatin dustrie Investitionen zu erleichtern. Bereits im Morgengrauen standen in der Haupstadt Lissabon Busse, Straßenbahnen sowie die Hafenfähren still. Die Bediensteten der Lissaboner U–Bahn - sie waren noch in der Vorwoche „dienstverpflichtet“ worden - nahmen gegen 8.30 Uhr einen Notdienst auf, nachdem auch sie zuvor nicht zur Arbeit erschienen waren. Ähnliches wurde aus anderen Großstädten des Landes gemeldet, auch Züge - darunter die nach Madrid - fielen aus. Auf dem Flughafen von Lissabon wurden nur internationale Flüge abgewickelt, die 1.500 Kilometer westlich im Atlantik liegenden Azoren waren dagegen vom Festland abgeschnitten. Neben den Häfen war auch noch einer Reihe weiterer Staatsunternehmen paralysiert - vor allem Stahlwerke und Textilfabriken. Die CGTP bezeichnete den Streik bereits am Vormittag als erfolgreich und teilte mit, er sei zu 88 Prozent befolgt worden. Solidarisch zeigten sich auch die Post und drei Tageszeitungen.