Sintflut an der schönen blauen Donau

■ Dammbrüche in Niederbayern / Donau überflutet ganze Gemeinden / 2.400 Menschen und 2.000 Kühe evakuiert / In Regensburg der höchste Wasserstand seit 1840 / „Niederachdorf steht voll unter Wasser“ / Count–down am Rhein: Akute Gefahr für Köln

Straubing/Köln (dpa/taz) - Eine verheerende Hochwasserwelle hat am Montag weite Teile Bayerns verschwinden lassen. Entlang der Donau wurden zahlreiche Orte, Bauernhöfe, Felder und Straßen überflutet. Rund 2.400 Menschen mußten bis Montagabend Häuser und Höfe verlassen; auch das Vieh wurde evakuiert. Quadratkilometerweit stand das niederbayerisch–oberpfälzische Donaugebiet zwischen Straubing und Regensburg teilweise meterhoch unter Wasser. Die Lage verschlimmerte sich am Montag, nachdem bereits am Sonntag drei Dämme geborsten waren. Der verheerendste Dammbruch hatte die Gemeinde Niederachdorf im Landkreis Straubing– Bogen heimgesucht. Dort strömten die Wassermassen am Montag durch ein 500 Meter breites Loch im Erdwall. Straßen wurden zu reißenden Bächen. Meterhoch stand das Wasser in den Ortschaften. 450 Bewohner aus Oberachdorf, Niederachdorf und Pittrich mußten ihre Häuser verlassen. Die Donaufluten überspülten am Montag auch den Hochwasserdamm westlich von Straubing. Das Wasser ergoß sich in die Gemeindegebiete Aholfing sowie Ober– und Niedermotzing, wo fast 1.000 Bewohner evakuiert wurden. Auch andere Dämme, die längst aufgeweicht sind, drohten zu bersten. Die Anwohner halten sich für die Evakuierung bereit. Höchste Alarmstufe herrschte auch im Landkreis Regensburg zwischen Irling und Gmünd sowie im Landkreis Straubing bei Reibersdorf, Entau, Irlbach und bei Waltendorf. Mit Tausenden von Sandsäcken wurden die Dämme verstärkt. Der Krisenstab in Straubing rechnete am Montag mit einem weiteren Ansteigen der Donau, die am Abend den Rekordstand von 7,10 Meter erreichen sollte. Fortsetzung Seite 2 Tagesthema Seite 3 Der Normalpegel liegt bei drei Metern. In Regensburg wurde laut Einsatzleitung der höchste Hochwasserstand seit 1840 gemessen. Auch der Rhein stieg am Montag weiter. Die Fluten schwappten nur knapp an der Kölner Altstadt vorbei. Bis zur Überflutung der Altstadt fehlten am Abend nur noch Zentimeter. Am späten Montag nachmittag mußten dann weitere 1.000 Menschen ihre Höfe verlassen oder sich in höher gelegene Stockwerken der Häuser zurückziehen. Der Sprecher des Landratsamts von Straubing, Karl Miedaner, sagte, ein übergelaufener Ableiter der Donau habe die drei kleinen Ortschaften Kößnach, Reibersdorf und Parkstetten überflutet. Das Hochwasser am Rhein verwandelte die Gebiete links und rechts des Stromes in Seenlandschaften. Im Rheingau und in Rheinhessen versanken mehrere Bundesstraßen kilometerlang in den Fluten. Die Autobahn Bingen–Mainz mußte streckenweise gesperrt werden. In Mainz erreichte der Rheinpegel mit 7,62 Meter eine neue Jahrhundertmarke. Auch Main und Mosel überfluteten Keller, Wohnungen, Gaststätten und Straßen im Uferbereich. Telefonleitungen waren gestört; Heizungen fielen aus, der Strom wurde abgeschaltet. In Bayern wurden Soldaten der Bundeswehr außer in Straubing auch in Vilshofen, der Gemeinde Pleinting und in Hofkirchen im Landkreis Passau zu Hilfe gerufen. Auch dort drohten Dämme den Wassermassen nicht mehr standzuhalten. Bei Niederalteich im Landkreis Deggendorf war ein 30 Meter langes Dammstück abgerutscht. Mit großen Steinen und Kies konnte es wieder befestigt werden. Den Dämmen gilt die Hauptsorge der Einsatzstäbe. Die Wasserschutzbauten, überwiegend nach einem katastrophalen Hochwasser 1935 errichtet, wurden nach Expertenmeinung vor allem wegen der lange anhaltenden nassen Witterung und der mittlerweile seit mehr als acht Tagen andauernden Hochwasserbelastung instabil. Zudem sind sie nur für das „statistische Jahrhunderthochwasser“ mit 700 Zentimeter Pegelstand ausgelegt. Ihr kritischer Bereich beginnt aber bereits bei 650 Zentimeter. Mit Tausenden von Sandsäcken werden die Barrieren derzeit an sieben kritischen Stellen verstärkt.