Reform ohne Konsens

■ Warum die Polen wieder streiken

Die konservativen Betonköpfe in den Apparaten werden jetzt triumphierend verkünden, auch die Arbeiter seien gegen Reformen. Doch der Unmutsausbruch, von vielen seit langem erwartet, ist kein Votum für einen stalinistischen Kurs. Er richtet sich nicht gegen Reformen an sich, sondern gegen Jaruselzkis Reformpolitik: Sie schaltete zuerst die freie Gewerkschaft aus, Interessenvertretung der Werktätigen und Garant für die Beteiligung der Gesellschaft an der Führung des Landes. Dann verordnete sie von oben halbherzige Schritte, die an den realen ökonomischen Verhältnissen kaum etwas änderten. Nur eine Auswirkung war deutlich zu spüren: die drastische Senkung des Lebensstandards. Immer wieder erwies sich, daß die Preisanhebungen nichts zur Gesundung der Wirstchaft beitrugen, sondern nur die Inflation anheizten. Angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage ist seit 1980/81 klar, daß ohne scharfe Maßnahmen, die die Bevölkerung schmerzlich treffen, die Krise nicht zu überwinden ist. Die bisherige Wirtschaftspolitik aber zwang der Bevölkerung immer härteren Verzicht auf, ohne konkrete Aussicht auf Besserung bieten zu können. Die Streikenden demonstrieren, daß das unerträglich geworden ist. Die Wege zur Besserung, das sagt auch die Opposition, müssen über eine radikale Wirtschaftsr im Gegenzug auch etwas dafür haben. luwa