Degussa behält NUKEM-Anteile

Degussa-Chef Becker nimmt frühere Äußerungen über Ausstieg aus NUKEM zurück / Skandalimage von NUKEM braucht nicht mehr gefürchtet zu werden / NUKEM-Sprecher klagt über Entlassungen in Hanau  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin(taz) - Der Degussa-Konzern wird sich entgegen früheren Ankündigungen seines Vorstandsvorsitzenden Gert Becker nicht aus der Hanauer Atomfirma NUKEM zurückziehen. Becker erklärte vergangene Woche, derzeit gebe es keinerlei Verhandlungen über Änderungen der Besitzverhältnisse bei NUKEM. Nach dem Höhepunkt des Atomskandals hatte die Degussa im Januar unter dem Schlagwort „unternehmerische Obhut“ sowohl die Geschäftsführung als auch den Vorsitz des Aufsichtsrats bei der Skandalfirma übernommen.

Im März sah der Frankfurter Konzern seine Aufgabe, die NUKEM vor dem Untergang zu retten, als erfüllt an. „Der Lotse geht von Bord“, erklärte Becker damals und kündigte an, sein Unternehmen werde seinen 35%-Anteil an der Hanauer Firma abgeben. Damals hatte es in der „honorigen hessischen Firma Degussa“ (Wallmann) Befürchtungen gegeben, mit der Obhut über die NUKEM werde auch deren Skandalimage auf den Edelmetallkonzern übergehen. Diese Sorgen scheinen sich verflüchtigt zu haben, nachdem NUKEM schon seit Monaten keine Schlagzeilen macht und Finanzvorstand Robert Ehrt jetzt erfreut feststellen konnte, daß das am 30. September ablaufende Degussa-Geschäftsjahr „aus heutiger Sicht zu unseren Besten zu zählen“ ist.

In Hanau ist man unterdessen erheblich weniger glücklich über das NUKEM-Intermezzo der Degussa-Oberaufseher. Im Juli habe sich Becker von der Belegschaft verabschiedet, berichtet NUKEM-Sprecher Jörg Pompetzki, und verordnete dem Unternehmen „gravierende organisatorische Änderungen“. Im Zuge dieser „Straffung“ werde die Belegschaft von etwa 900 auf 600 MitarbeiterInnen zusammengestutzt, klagt Pompetzki. Die Sozialpläne lägen auf dem Tisch, die Kündigungsschreiben an die Betroffenen seien verschickt. Die Zukunft der Brennelemente-Fertigung für Hochtemperaturreaktoren (HTR) steht nach den Worten des NUKEM-Sprechers immer noch in den Sternen. Entsprechende Verkaufsverhandlungen mit den HTR -Herstellern Asean Brown Boveri (ABB, früher BBC) und Siemens/Interatom kommen offenbar nicht voran. Dagegen bestätigte Pompetzki, daß die NUKEM ihre 40prozentigen Anteile an den Brennelementefabriken Alkem und RBU an den Reaktorhersteller Siemens/KWU abgibt. Die Eigentumsverhältnisse an der gewinnträchtigen Rest-NUKEM bleiben nach den Worten des Firmensprechers unverändert.