Gert Fröbe ist tot?

Es gibt ein paar Stars, von denen man sich einfach nicht vorstellen kann, daß sie tot sind. Dann gibt es wieder andere, bei denen man sich von Film-Meter zu -Meter ernsthaft Sorgen um ihre weitere Zukunft macht. Lorre, Bogart, Montgommery Clift - sie umgibt doch so ein Trauerflor - auch in der Ausblende, trotz siegreicher Happy -End-Fanfare - nicht wegzuschminken. Auch morgen oder übermorgen, bei der zehnten Wiederholung von High Noon, werde ich wieder Angst um Gary Cooper haben - und erstaunt sein, wie er, menschlich enttäuscht, aber lebendig (Grace Kelley sitzt bereits in der Kutsche) das feige Spießerkaff verläßt.

Nun hat uns ein großer deutsche Mime für immer verlassen, der, unterstützt von internationalen Kinoautoren, ein Meister im Abgehen war. Ob nun als tollkühner Flieger in seiner fliegenden Kiste - mit Kaiser Wilhelm-Bärtchen (in neunzig Minuten tausend Jahre Teutschland im Blick) - oder als jener, James Bond-Gespielinnen in Goldsauce stülpender böser Finger! Von Connery auf den letzten Drücker aus dem Flugzeug geworfen? Macht nichts! Fröbe kommt wieder. Demnächst in diesem Theater!

Und er kam! Nun müssen wir uns aber mit seinen alten Filmen abfinden. 75jährig ist er gestorben. Kein Tod in Hollywood. Auch in Bayern sterben die Leut‘. Zu diesem Mann, dem so bald kein deutscher Kollege dem Theaterdirektor Striese im 'Raub der Sabinerinnen‘ nachspielen wird - da nützt kein Wechseln -, hätte eigentlich eher ein Ableben auf der Bühne gepaßt (so wie es Moliere beinahe erging). Er hustete sich in der Rolle des 'Eingebildeten Kranken‘ zu Tode, starb allerdings kurz darauf in seiner Wohnung. Nun ist der Tod eines Mimen während der Arbeit ein recht wirkungsvolles Moment für Dramatiker und Biographen. Aber sterben vor ausverkauftem Haus? Im Leben nicht. Ich will und kann nicht in den Sensationsblättern nachprüfen, wie denn wohl Gerd Fröbe druckgerecht für immer abgegangen ist. Möge es hoffentlich ein intimer Tod gewesen sein. So, wie man ihn sich selbst wünscht - diesen häßlichen Black-out. Zurück bleiben die herrlichen Bösewichter und lachenmachenden Dickschädel mit Herz - des unsterblichen Gerd Fröbe.

Ilja Richter