Palästinenser erinnern an Beginn der Intifada

■ Vor einem Jahr begann der bewaffnete Kampf der Palästinenser gegen die israelische Besetzung / Am Vorabend des „Fatah-Tages“ erneut Zusammenstöße in Westjordanland und im Gaza-Streifen zwischen Besatzungstruppen und jungen Palästinensern

Jerusalem (afp/ap/taz) - Seit Samstag abend 21.00 Uhr Ortszeit stehen die 650.000 Einwohner des Gaza-Streifens unter Ausgangssperre - zunächst für die Dauer von drei Tagen. Ebenfalls betroffen sind mehrere Flüchtlingslager im Westjordanland. Nablus und Umgebung wurden zur militärisch geschlossenen Zone erklärt. Die israelische Armee begründete diese Maßnahmen mit der erwarteten Protestwelle anläßlich des Jahrestages des Beginns der Intifada, des bewaffneten Kampfes der von Yassir Arafat begründeten Kampforganisation Al Fatah in der PLO. Die Organisationskomitees des Aufstands in den besetzten Gebieten hatten die Palästinenser zum 1. Januar aufgerufen, die antiisraelischen Proteste fortzusetzen. Der Botschafter Palästinas in Saudi-Arabien, Rafik el Natcheh, erklärte am Samstag, ein Ende der Intifada komme nur nach einem Rückzug der israelischen Besatzungstruppen in Frage.

Trotz der Demonstrationsverbote versammelten sich nach arabischen Angaben in mehreren Städten des Westjordanlands junge Palästinenser. Wie es hieß, trugen sie dabei uniformähnliche Kleidung. Zudem seien palästinensische Flaggen gehißt und auf Mauern Lobessprüche auf die Fatah gemalt worden. Auf den Berghöhen bei Nablus waren in der Nacht zum Sonntag Freudenfeuer zu sehen.

Bei Auseinandersetzungen am Wochenende wurden vier Palästinenser erschossen, 19 weitere verletzt. Ein 22jähriger starb in der westjordanischen Stadt Nablus, als israelische Soldaten das Feuer auf eine Gruppe junger Palästinenser eröffneten, die mit Steinen warfen. Darüber hinaus starben zwei 14jährige arabische Jungen, die auf eine jordanische Mine getreten waren. Ebenfalls am Samstag erlag ein 14jähriger seinen Schußverletzungen, die israelische Soldaten ihm während einer Demonstration am 6. Dezember zugefügt hatten. Im westjordanischen Heimatdorf des Toten versammelten sich Hunderte zu einem Trauerzug und verwandelten diesen in eine Demonstration gegen die israelische Besetzung. Soldaten schossen und verletzten nach Angaben von Krankenhausärzten zehn Bewohner des Dorfes.

In Hebron tauchten am Sonntag Flugblätter auf, die mit „Volksarmee der Befreiung“ unterzeichnet waren und in denen PLO-Führer Arafat Unterstützung zugesichert wurde. Zwei Tage zuvor hatte die Al Fatah in einem Flugblatt die Bildung einer nationalen palästinensischen Volksarmee angekündigt, die, wie Palästinenserkreise aus Bagdad verlauten ließen, bereits vor einigen Monaten gebildet worden waren.

In Westjordanland und im Gazastreifen hielten sich die Einwohner an einen Generalstreik, zu dem die Organisation Hamas aufgerufen hatte. In dieser Organisation sind vor allem fundamentalistische Moslems vereinigt. Sie gilt als Rivalin der PLO bei der Organisation der Intifada in den besetzten Gebieten.

Der israelische Militärstaatsanwalt für den Gaza-Streifen geht unterdessen gerichtlich gegen Mitglieder von Hamas vor, berichtete die israelische Tageszeitung 'Haaretz‘ am Sonntag. Bei den beklagten Personen seien Schriftstücke gefunden worden, in denen zur Zerstörung des hebräischen Staates aufgerufen wird. 65 Mitglieder der Hamas sollten in den kommenden Tagen wegen terroristischer Aktivitäten und Beteiligung an der Intifada angeklagt werden.

Die israelischen Militärbehörden haben am Sonntag erneut 13 Palästinenser aus den besetzten Gebieten in den Libanon abgeschoben. Sieben von ihnen kamen aus dem Westjordanland und sechs aus dem Gaza-Streifen, wie aus Jerusalem zu erfahren war.

Henk