Ulmers hohle Geste

■ Lautstärkeregler voll auf / Für ein junges, rockorientiertes Publikum lieber kein „ambitionierter Jazz-Schnickschnack“

„Jazz is the teacher - Funk is the Preacher“ war ein programmatischer Titel Blood Ulmers, als er Anfang der 80er Jahre in der New Yorker No Wave-Szene Furore machte. Die innovative Potenz, die klangliche Differenziertheit und die improvisatorische Freiheit des Jazz sollten verbunden werden mi9t den populären und tanzbaren Formen des Funk. Dem Jazz, dominiert vom auf der Stelle tretenden Traditionalismus, sollten neue Anstöße verpaßt werden. Die explosive und kochende Mischung, die daraus entstand, ließ aufhorchen.

Gemessen an diesem Anspruch scheint es, als habe sich Ulmer vom Teacher weitgehend verabschiedet. So war denn auch dieser Titel am Donnerstagabend nur noch eine hohle Geste. Ulmer spielt heute relativ einfach strukturierten Rock, weder durch vertrackte Rhythmen, noch durch ungewöhnliche Gitarrenläufe aus dem Üblichen herausgehoben; allein durch seine unverkennbare Spielweise unterscheidbar.

Nicht mal der immer wieder angestellte Vergleich zu Jimi Hendrix zieht, denn der war ein

innovativer Rocker, Blood Ulmer ist auf dem Weg ins Gegenteil: er fällt hinter seine Möglichkeiten und die seiner Mitmusiker (Amin Ali e-b, Calvin Weston dr, Ronnie Drayton e-g) zurück. Auch vom Blues war trotz des Bandnamens „Blues Experience“ wenig zu hören.

Dabei scheint die Zielrichtung klar: ein junges, rockorientiertes Publikum, das Ulmer offensichtlich nicht durch „zu ambitionierten Jazz-Schnickschnack“ verunsichern will. Als vermeintlicher Ersatz werden dafür die Lautstärkeregler aufgedreht.

Am Donnerstagabend ging dieses Konzept nur teilweise auf, zwar war das Publikum vorwiegend jünger und von seiner Mucke durchaus angetan, allerdings war das „Dix'“ auch nur halbvoll. Zu befürchten ist, daß Blood Ulmer sich mit dieser Richtung in die Belanglosigkeit spielt, was schade wäre. Denn in anderen Zusammenhängen hat er gezeigt, über welche Qualitäten er verfügt und ich will einfach nicht einsehen, daß größere Popularität immer nur durch Niveauverlust erreichbar sein soll.

Arnaud