Freie Radios, freie Medien

■ Ungarns ZK plant Parlamentsvorlage eines neuen Mediengesetzes

Wien (taz) - „Warum nicht freie Radios?“ Janos Bereno, ungarisches Politbüromitglied, gestern in Budapest: Ein neues Mediengesetz müsse her, ein freies Land brauche freie Zeitungen, freie Radio- und Fernsehstationen. Zu dieser Ansicht sei man am Mittwoch auf einer ZK-Sitzung gelangt, und die Kommunistische Partei werde nun alles in ihrer Kraft Stehende tun, um die Medienvielfalt zu fördern, bis hin zu Fernsehsendern, die von privater Hand finanziert und betreut würden.

Obwohl in den letzten Monaten bereits unzählige freie Zeitschriften wie Pilze aus dem Boden schossen, illegale Semizdatblätter eine offizielle Druckgenehmigung erhielten und kein Fall einer staatlichen Zensurmaßnahme bekannt wurde, wollen die noch alleinregierenden Kommunisten einen Schritt weiter gehen: Auch die Boulevardblätter und landesweiten Massenmedien sollten einem freien Spiel der Marktgesetze unterliegen und ideologiefrei sein. Denn noch immer beherrscht die Partei nahezu neunzig Prozent der Medien. Die Papierzuweisung für private Blätter liegt nämlich weiterhin beim staatlichen Informationsministerium, und mit der Papierausgabe ist man „sparsam“. Die Auflagen von Samizdatblättern übersteigen somit selten 5.000 Exemplare. Vielen unabhängigen Gruppen ist zudem der staatlich verordnete Papierpreis zu hoch, um auf dem Markt konkurrieren zu können.

Das soll in den nächsten Wochen anders werden. Das ZK der KP möchte dem Parlament Reformvorschläge für ein neues Mediengesetz unterbreiten, „um endlich das Recht des einzelnen auf freie Meinungsäußerung wie nach westlichem Vorbild zu verwirklichen“, wie es gestern in einer ZK -Erklärung hieß.

Roland Hofwiler