Vive la France

■ Französische Literaturtage in Bremen: Am Montagabend sprach Michel Tournier in der Reihe „Bremer Beiträge“

Fernsehen und Rundfunk haben das Literaturcafe und den literarischen Salon ersetzt. Das gilt vor allem für Frankreich. (Michel Tournier).

Recht hat er. Es gibt kein europäisches Land, in dem Literaturindustrie und Fernsehstudios so gut zusammenarbeiten wie in Frankreich. Ein gelungener Auftritt in der beachteten Fernsehsendung „Apostrophes“ mit Moderator Bernard Pivot kann einen Effekt hervorrufen wie eine Preisverleihung. Im Fernsehstudio hat die Karriere der Nouvelle Philosophie begonnen, dank „Apostrophes“ sind viele Romane unbekannter Autoren zum Bestseller geworden.

Und es gibt in Frankreich die besondere Kultur der literarischen Preise. An erster Stelle: der Preis der Academie Goncourt.

Michel Tournier, der am Montag in der Reihe Bremer Beiträge über die Möglichkeiten des Narrativen in der modernen Literatur sprach, ist selbst Goncourt-Preisträger (1970 für „Der Erlkönig), und gehört seit kurzem - als Nachfolger von Raymond Queneau - zur hochkarätigen Goncourt -Jury, die schon oft der Korruption beschuldigt wurde, nicht ganz zu Unrecht.

1989 - ein Jahr, das ganz im Zeichen von Frankreich steht. Die Französische Revolution feiert ihr Jubiläum, die Frankfurter Buchmesse rückt die Literatur Frankreichs in den Mittelpunkt - und Bremen veranstaltet Französische Literaturtage: Die Veranstalter - Radio Bremen, Institut

Francais, manholt-verlag, Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst - wollen der 200. Wiederkehr der Französischen Revolution mit Hilfe der Literatur angemessen gedenken. Unter Schutz und Schirm von Michel Tournier, der einen gewissen Bekanntheitsgrad und einen guten Ruf beim deutschen Publikum genießt, werden in den kommenden Tagen vier jüngere, und in Deutschland weitgehend unbekannte französische Autoren aus ihren Werken lesen.

Frankreich zu Gast in Bremen: das hat schon Tradition. Der Bremer manholt-Verlag ist der einzige deutsche Verlag, der sich um die Publikation vor allem der jüngeren französischen Autoren bemüht; das Institut Francais de Breme lädt immer mal wieder französische Schriftsteller zu Lesungen und Vorträgen ein.

Michel Tournier verzichtete am Montagabend auf eine dezidierte Studie über Literatur und Ästhetik. Er berichtete vor allem über den Romancier, über den Beruf des Erzählers, über das einsame Handwerk eines Schriftstellers - er sprach also von sich selbst. Und er las Märchen. „Alle meine Romane könnten Märchen heißen“, sagte er denn auch, es sind Romane, die auch Kinder lesen können, Philosophie für Kinder, für das Kind im Erwachsenen.

gin

Heute abend: Lesung in französischer und deutscher Sprache mit Francois Bon (Decor Ciment), 20 Uhr, Institut Francais.