LEUTE VON HEUTE: Barbara Schaeffer-Hegel, Doro Kießling u.a.

Wir konzentrieren uns diesmal ganz und gar auf das Wochenend -Ereignis mit dem Anteil Extra-Spannung: Der „Große Criminale-Tango“ im Literarischen Colloquium. Bis 11 Uhr ging es bei der Zunft der KriminalschriftstellerInnen ganz artig zu. Ein blitzblank restauriertes Schlößchen am Wasser, Musike, die sich begründet „Group66“ nannte, unmotiviert im Garten drapierte Aufblas-Gerippe und ab und an verzweifelte Frauenschreie vom Band - naja. Weil aber KrimiautorInnen nicht so bekannt sind wie ihre Helden im Film, war die Wiedererkennungsquote gering. Nur Wolfgang Menge hat eben so eine markante Glatze, nur Jürgen Alberts geht nie ohne Hut, und nur Pieke Biermann hat eben diese tollen Beine. „Überraschungsgäste aller Art“ waren zwar angekündigt, das streunende Auge konnte aber unter Promi-Vedacht nur Frauensenatorin Anne Klein in bewegungsmodischen schwarz -weiß gestreiften Jeans ausmachen.

Wo aber die Bank für Gemeinwirtschaft, die Preußische Seehandlung und der TIP als Sponsoren den Einladungszettel zieren, gibt's auch Knete für Programm. Doro Kießling, ehemals Anzeigen- und Werbe-Crack bei der taz, mittlerweile mit einem eigenen PR-Ding zugange, versprach im Viertelstundentakt ein Feuerwerk und „die Drakula-Show“. Listig hatte sie auf die Selbstdarstellungssucht des Publikums gesetzt und wurde unerwartet reichlich bestätigt. Während die Profis auf eingetretenen Pfaden wandelten - Ah und Oh zu den dargebotenen Teelichtern, „Paß auf, Caspar! Paß auf Caspar!„-Warnungen an die von Drakula arg am Hals bedrängte weiße Jungfer - zeigten die Amateure, nein, -innen (bitte das kleine i beachten), wie ein nettes, langweiliges Fest rauszureißen ist. Plötzlich eine Dame in Rot auf der Szene, Versuche, Drakula von der mittlerweile aufs Schweben vorbereiteten Jungfrau wegzubringen, der Inhalt eines (großen) Pappbechers Wein trifft den in jeder Hinsicht mittelmäßigen Vampir, „frauenfeindlich“ ist das einzige erklärende Wort, das in der Runde gegen den Lautsprecher durchkommt. Nun ist das Publikum voll da: Satire oder Realsatire, ist die Frage. Der Kleinkünstler will nicht weichen, schauspielert immer furioser und tritt doch tatsächlich der roten Dame auf die Füße. Auftritt Dame mit schwarz-weiß gestreiften Jeans, beide ziehen sich an den Rand zurück, die Frauensenatorin und Barbara Schaeffer -Hegel, bekannte TV-Feministin, sind erkannt, Realsatire ist die richtige Antwort. Wer Darbietungen a la Drakula schon mal auf der Kirmes in Bottrop gesehen hatte, konnte sich den Aktionsplänen im Umkreis der Senatorin widmen. Handanlegen war in jedem Fall angesagt, Drakula ins Wasser schmeißen wurde verworfen, der Stereoanlage den Saft abdrehen schließlich realisiert. Ein extra-schwerer Fall von Saturday Night Fever war ausgebrochen, in hitziger Rede wurde bekanntestes über die Frauenopfer im Showbusiness und unpassende Vergleiche zwischen dem Wassergrundstück am Wannsee und Zypern geäußert, und wer Ohren hatte zu hören, vernahm erstmals eine öffentliche Stellungnahme der Senatorin zu Kindern: Die beiden Jungs, die vor ihrem Balustradenplatz dem Spektakel folgten, so würden sie verdorben. Daß die Aktrice mittlerweile als leichtbekleideter Teufel eben Drakula gefesselt aus dem Sack gezogen hatte, versöhnte nicht. Außerdem waren die Schausteller nun auch renitent geworden: Er zeigte den Damen zweimal den Mittelfinger, die Frau als Mittäterin holte zu einem verbalen Tiefschlag aus. Als sich das Gesamtpublikum schon verlief, sollte Pieke Biermann sich nun mal rechtfertigen für diese Sauerei. Kurz und gut: sie blieb unbußfertig. Wer nun erwartet hatte, die Senatorin würde konsequent das ihr verleidete Fest verlassen, sah sich getäuscht. Frau blieb nach kurzer kollektiver Erfrischung auf der Damentoilette und tat dem Meeting auch keinen weiteren Abbruch. Der kam anders: Zwei Beamte der Wannseewache forderten die Einstellung der Musik. Vom anderen Ufer hätte sich wer beschwert.

Marianne