Sozialdumping im Binnenmarkt?

Papier der EG-Kommission zur EG-Sozialcharta  ■ D O K U M E N T A T I O N

In der Charta sollen folgende Rechte verankert werden:

Verbesserung der Lebens

und Arbeitsbedingungen

Der Aufbau eines großen europäischen Arbeitsmarktes muß eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitskräfte in der Europäischen Gemeinschaft bewirken. Dies soll durch eine Angleichung dieser Bedingungen im Wege des Fortschritts geschehen.

Diese Angleichung betrifft zunächst die Gestaltung und Flexibilität der Arbeitszeit. Insebesondere durch die Festsetzung einer maximalen Wochenarbeitszeit. Auch zielt sie auf alle anderen Arbeitsformen als den unbefristeten Arbeitsvertrag ab, insbesondere auf den befristeten Arbeitsvertrag, die Teilzeitarbeit, die Zeitarbeit, die Nachtarbeit, die Schichtarbeit.

Recht auf Freizügigkeit

der abhängig und selbständig

Beschäftigten

Dieses Recht ermöglicht die Ausübung jeder Beschäftigung oder jeden Berufs unter den für die Angehörigen des Aufnahmestaats geltenden Voraussetzungen. Es beinhaltet die Gleichbehandlung in allen Bereichen und die weitere Harmonisierung der Aufenthaltsvoraussetzungen in allen Gemeinschaftsländern. In diesem Zusammenhang versteht es sich von selbst, daß der soziale Schutz außerdem allen gemeinschaftlichen Arbeitnehmern zu gewähren ist, die eine Beschäftigung in einem anderen als ihrem Herkunftsland ausüben.

Recht auf sozialen Schutz

Den Verfahren der einzelnen Länder entsprechend hat jeder Bürger der Europäischen Gemeinschaft das Recht auf einen angemessenen sozialen Schutz. In diesem Zusammenhang hält die Kommission die Einführung eines Mindesteinkommens für vom Arbeitsmarkt ausgeschlossene Arbeitnehmer für notwendig.

Recht auf Koalitionsfreiheit

und auf Tarifverhandlungen

In dem Vorentwurf der Kommission wird das Recht aller Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft bekräftigt, sich frei beruflichen oder gewerkschaftlichen Vereinigungen ihrer Wahl anzuschließen.

Die Möglichkeiten für die Ausübung dieses Rechts sind vielfältig: Sie reichen von der Gewerkschaftsfreiheit bis zum Streikrecht - wobei selbstverständlich auch einzuräumen ist, daß auf die Ausübung dieses Rechts verzichtet werden kann, ohne daß in dem einen oder anderen Fall daraus persönliche oder berufliche Nachteile entstehen.

Gleichbehandlung von

Männern und Frauen

Die Gleichbehandlung und die Chancengleichheit von Männern und Frauen sind zu gewährleisten und weiterzuentwickeln.

Recht auf Unterrichtung,

Anhörung und Mitwirkung

der Arbeitnehmer

Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung der Arbeitnehmer müssen in geeigneter Weise unter Berücksichtigung der in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft geltenden rechtlichen und vertraglichen Vorschriften und der jeweiligen Verfahren weiterentwickelt werden. Dies gilt insbesondere für Unternehmen oder Unternehmenszusammenschlüsse mit Betriebsstätten bzw. Unternehmen in mehreren Ländern der Europäischen Gemeinschaft.

Recht auf Schutz von

Gesundheit und Sicherheit

am Arbeitsplatz

Jeder Arbeitnehmer muß in den Genuß von befriedigenden Gesundheits- und Sicherheitsschutzbedingungen, vor allem in seiner Arbeitsumwelt, gelangen.

Ältere Menschen

Das Mindeste ist nach Ansicht der Kommission, daß jeder Bürger der Europäischen Gemeinschaft, der sich im Ruhestand oder Vorruhestand befindet, ein Einkommen erhält, das ihm einen angemessenen Lebensstandard sichert, woraus folgt, daß auch diejenigen, die keinen Rentenanspruch besitzen und die über keine ausreichenden Existenzmittel verfügen, ein Mindesteinkommen erhalten.

Anwendung der Charta

Für die Maßnahmen zur Durchsetzung dieser sozialen Rechte sind je nach Fall die Mitgliedsstaaten und ihre Körperschaften oder die Gemeinschaft zuständig, die sich dabei vom Subsidiaritätsprinzip leiten lassen; sie erfordern die Beteiligung der Sozialpartner. Ferner ist klar zum Ausdruck zu bringen, daß die feierliche Verkündung der sozialen Grundrechte bei deren Verwirklichung im Vergleich zu der in jedem Mitgliedsstaat bestehenden Lage keine Rückschritte bewirken darf. (Siehe auch Seite7)