Heiße Luft

 ■ S T A N D B I L D

(Liebe ist stärker als der Tod. ARD, Montag, 20.15)Das Melodram - es kreist und kreist. Der Regisseur mit Namen Juraj Herz setzt seine Zange an, um Heinz Konsaliks Roman-Vorleger bewegend zu bebildern. Heraus kommt - pff ein aufgewärmtes Windchen. Marrakesch - viel heiß - ist die Kulisse, ein italienischer Pianist - viel krank, bald tot die tragische Figur, und eine Hamburger Studentin - viel dumm - ist die verknallte Trine, die über die Liebesfähigkeit eines Trampeltiers verfügt und über das darstellerische Vermögen einer Gliederpuppe.

Eva - so heißt die Trine - verguckt sich in den Drei-Tage -Bart-Pianisten, der an einer rätselhaften Krankheit leidet: Nach jedem Geschlechtsverkehr pustet er sich die Lunge aus dem Leib. Sobald er wieder zu Atem gekommen ist: nix wie ran ans Piano auf der Dachterrasse und kränklich -leidenschaftlich Komponist gespielt. Daß er sich singend und komponierend mit den Federn von Paolo Conte, dem italienischen Sänger, schmückt, ist eine Infamie am Rande und wird im Nachspann nicht einmal erwähnt.

Wie jeder Todkranke ist auch Massimo Philosoph: „Liebesgeschichten haben immer einen Anfang, eine Mitte und ein Ende“, belehrt er seine Trine. Die aber versteht nur Bahnhof und treibt den armen Kranken nach Mailand, damit er endlich, nach fünf Jahren Marrakesch, „ein großes Comeback haben kann, toll, oder?“ Aber vor das Comeback hat der Teufel den Alkohol gesetzt, von dem Massimo ärztlicherseits „keinen Tropfen“ mehr trinken darf. Eva versteht auch da nur Bahnhof und füllt ihren Liebsten mit Wein, Aperitifs und Champagner ab. Es kommt, wie's kommen muß: Massimo beißt ins Glas. „Ich brauche Massimo doch“, sagt Eva zum Arzt, als hätte sie den Etagenkellner vor sich, der ihr verlorenes Beauty-Case wieder beschaffen soll. Doch der Herr über Schaufensterpuppen und Kosmetikkoffer hat schon das letzte Wort gesprochen: der Tod war stärker als die Liebe. Nichts wird es mit Evas Wunsch, neben dem Sänger ins Reich der Illustrierten einzutreten. Bedripst lehnt sie neben dem zugedeckten Leichnam an der Wand. Der Maskenbildner hat ihr das Tränenrinnsal ins ausdruckslose Gesicht geklebt. Entwichen ist das Melodram. Es stinkt nach unverdautem Käse.

Sybille Simon-Zülch