Eisberg-Leck wird ab sofort geflickt

■ „Maxim Gorki“ in der Bremerhavener Lloyd-Werft

„Wir haben die nächste Reise nach Spitzbergen schon gebucht,“ freut sich ein Bremerhavener Ehepaar bei der Ankunft der „Maxim Gorki“ in der Nordschleuse der Seestadt. Mit fünf Schleppern machte der Luxus-Liner gestern in der Schleuse fest. „Natürlich waren wir zunächst einmal geschockt, als wir vom Unglück unserer Gorki im Radio hörten“, sagt die Frau, die mit ihrem Mann schon fünfmal Kreuzfahrtgast auf dem sowjetischen Schiff war. Mit ihnen begrüßen hunderte Schaulustige den Eisberg-Havaristen, der bereits vor Tagen erwartet wurde.

Bis auf rostige Kratzer und Dellen ist der „Maxim Gorki“ kaum anzusehen, daß sie vor zwei Wochen im Nordmeer 300 Seemeilen westlich von Spitzbergen nachts bei Regen, Nebel und Temperaturen um den Gefrierpunkt einen Eisberg gerammt hatte. In jener Unglücksnacht riß das Eis einen sechs Meter langen und 70 Zentimeter breiten Riß sowie zwei kleinere Leckagen in die rechte Vorschiffswand. Bei schönstem Sommerwetter verholt nun das Schiff ins Dock der Lloyd Werft, wo es repariert werden soll. An Bord ist noch das Gepäck der Passagiere. Heute dürfen sie es aus den versiegelten Kabinen holen und können anschließend an einem Dankgottesdienst auf dem Schiff teilnehmen.

Wie groß und teuer der Schaden wirklich ist und wie lange die Reparatur dauern wird, kann Werftchef Dieter Haake noch nicht sagen. Er rechnet aber mit mehreren Wochen. Sein Unternehmen hatte bereits einen Tag nach der Kollision den schriftlichen Auftrag aus Moskau erhalten. Für die Lloyd Werft ist die 1969 gebaute ehemalige „Ham

burg“ und spätere „Hanseatic“ keine Unbekannte. Der 1974 von der sowjetischen Reederei „Black Sea Shipping Company“ (Odessa) gekaufte Kreuzliner war bereits fünfmal auf der Werft - zuletzt im Frühjahr 1988, als er in 34 Tagen für 15 Millionen Mark von Grund auf renoviert wurde.

Die 378 sowjetischen Besatzungsmitglieder hielten die leckgeschlagene und mit Schlagseite noch schwimmende „Maxim Gorki“ unter anderem mit zusätzlichen Dieselpumpen der „Senja“ über Wasser. In Begleitung von zwei russischen Hilfsschiffen erreichte der Havarist dann nach 30stündiger Schleichfahrt den Hafen Barentsburg auf Spitzbergen, wo er vor seiner Weiterfahrt nach Bremerhaven notdürftig repariert wurde.

Die Fahrt der „Maxim Gorki“ durch das Eismeer gehörte nach Angaben ihrer Chartergesellschaft „Phoenix“ Flugreisen mbH zum festen Programm dieser Kreuzreise. Die Unglücksursache ist bislang nicht eindeutig geklärt. Vermutungen reichen von Unerfahrenheit der Schiffsführung über Trunkenheit bis zu unverantwortlichem Leichtsinn. Was wirklich war, kann vielleicht das Seeamt klären.

So soll der Kreuzfahrer zur Zeit des Zusammenpralls angeblich etwa 18 Knoten - das sind 33 Stundenkilometer gefahren sein. Experten, unter anderem des Germanischen Lloyd, nehmen „angesichts des Ausmaßes der Beschädigung an, daß die Geschwindigkeit zumindest nicht angemessen“ war. Außerdem dürfe man sich mit einem solchen Schiff nicht allein ohne Eisbrecher in eine Packeiszone wagen, sagen sie.

Hagen Haastert (dpa)