Joint Venture

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(Tatort: Armer Nanosh, Sonntag ARD 20.15) Prinzipiell gibt es zwei Arten von Krimis. In dem einen ist die Tat - fast immer mindestens ein Mord - schon begangen, und der Detektiv setzt sich in Bewegung, um den Täter zu finden. Bei der zweiten Variante wird einfach nur das Verbrechen geschildert. Im einen Fall ist der Detektiv der Held, im andern der Verbrecher. Im deutschen Feierabendkrimi kann man sich seit ein paar Jahren nicht mehr entscheiden. Man bietet beides. Aber um Himmels Willen kein Durcheinander, kein unsauberes, die Gemüter verwirrendes Gemisch, sondern hübsch aneinandergeklebt. Da wird erst das Verbrechen liebevoll abgebildet und dann ebenso bemüht die Arbeit des Kommissars. Martin Walser hat sich an diese deutsche Kompromißformel gehalten. Seine Krimidebut ist das konventionellste, langweiligste, was deutsches Fernsehen zu bieten hat. Wollte man die Geschichte erzählen, es könnte der Eindruck aufkommen, die Sache habe drive. Immerhin sind Vater und Sohn Zigeuner und haben dieselbe Geliebte. Letztere, das merken wir bald, ist für die Mitte der Sendezeit als Leiche vorgesehen. Vorprogrammiert ist auch, daß der Zigeuner nicht der Mörder ist, also auch sein Sohn als Täter nicht in Frage kommt. Dagegen ist der Buchhalter natürlich der Böse im Spiel. Sein Vater war Nazi und mit der Verschleppung der Zigeuner beschäftigt. Also hat er die die Geliebte seines Chefs umgebracht, die Spuren auf ihn gelenkt, und fertig ist die Abendunterhaltung. Das Drehbuch so erklärte man uns, stamme von Martin Walser. Ich möchte zu seinen Gunsten annehmen, daß es sich um ein Joint-venture handelt, bei dem Walser für hoffentlich viel Geld seinen Namen und Asta Scheib ihre Einfälle beibrachte. Ein paar Dialoge und die Figur des Buchhalters schmecken freilich ein wenig nach Martin Walser. Aber so grotesk er sich auf dem Papier ausgenommen haben mag, so klischeehaft wirkte er auf dem Bildschirm. Das lag nicht am Schauspieler. Die Sache ist einfacher: Ein Film ist kein Roman.

A.W.