FAO: Ursache der Umweltgefährdung ungeklar

Welternährungsbehörde legt Bericht zum „Tag der Ernährung“ vor / Die Armen würden den meisten Dreck verurachen / Eine globale Studie als Appell zum Welternährungstag im Oktober / Die hochbezahlten Experten kommen nicht über Allgemeinplätze hinaus  ■  Von Wieland Giebel

Berlin (taz) Der Mann, der im ostafrikanischen Ruanda am meisten ins Schwitzen kam, sollte sieben Millionen Dollar in drei Monaten unters Volk bringen. Davon hing sein Weiterkommen in der Welternährungsbehörde ab, der FAO. Er schaffte es nicht. Niemand wollte sein Geld haben. Jeden Abend stocherte Dimitri unglücklich in seinem Steak im Hotel Meridian herum, schob die Salatblätter beiseite und bestellte sich noch ein „Primus„-Bier. Sieben Millionen Dollar für eines der zwanzig ärmsten Länder der Welt. Diese Summe hat die Welternährungsbehörde gegen den Hunger in Ruanda zur Verfügung gestellt.

Nur: In Ruanda hungerte niemand. Richtig ist, daß einige Nachbarländer ziemlich genau ein Jahr zuvor Nahrungsmittelprobleme hatten. Bis die Nahrungsmittelhilfe in Form von amerikanischem Weizenweißmehl ankam, das nicht zu den traditionellen Lebensmittel gehört, war dort die nächste Ernte reichlich ausgefallen. Wegen dieses geschenkten Mehls, das auf den Markt kam, blieben die Bauern auf ihren eigenen Produkten sitzen. Aber, wie gesagt, das war in den Nachbarländern. Ruanda hatte genau aus diesem Grund Lebensmittelhilfe abgelehnt: Die eigene Landwirtschaft sollte nicht gefährdet werden. Vertrauen auf die eigene Kraft.

Dimitri, der dickliche Amerikaner russischer Herkunft, hatte sich Lastwagen gemietet und seinen FAO-Weizen und die Hirse heimlich am ruandischen Ernährungsministerium vorbei an Gesundheits- und Ernährungsberatungszentren tonnenweise verteilt. Jetzt sollte er noch die sieben Millionen Dollar Langzeithilfe in diesen Zentren unterbringen. Die Regierung war sauer und hätten ihn am liebsten rausgeschmissen. Aber mit den Weltorganisationen legt man sich nicht an, wenn es sich umgehen läßt. Eine auswegslose Situation für Dimitri.

Probleme vor Ort merkt man den offiziellen Verlautbarungen der FAO nicht an. „Schnelle, weltweite Aktionen sind erforderlich, um die sich ständig verschlechternde natürlich Unmwelt zu schützen. Dies sind die Voraussetzungen für die Ernähung einer Weltbevölkerung von sechs Milliarden Männern, Frauen und Kindern um das Jahr 2000, einer Milliarde mehr als 1988“, heißt es global und souverän in dem jetzt vorgestellten Bericht über „Nahrung und Umwelt“, der das Motto des diesjährigen Welternähungstages am 16.Oktober untermauern soll. FAO-Generaldirektor Edouard Saouma steuerte die Erkenntnis bei, daß „die Auswirkungen der Zerstörung der Umwelt nirgends schwerwiegender sind als in der Landwirtschaft“.

Als Ursache der Umweltprobleme in der „entwickelten Welt“ entlarvt die FAO Industrialisierung mit daraus folgendem sauren Regen, dem Treibhauseffekt, dem Ozonloch und giftigen Industrierückständen.

Neunzig Prozent des vorhersehbaren Bevölkerungswachstums finde allerdings in der Dritten Welt statt, wo bereits heute mehr als drei Viertel aller Menschen leben. Die Umweltgefährung in diesen Ländern, so die FAO, „beruht in erster Linie auf der Armut der Bevölkerung“. Der Bevölkerungdruck und „der tägliche Kampf der Landbevölkerung um die Mittel zum Überleben stellen eine enorme Belastung der natürlichen Voraussetzungen dar“. Die Armen machen am meisten Dreck. Wie allerdings die umweltzerstörende Armut bekämpft werden soll, dazu macht die FAO keine konkreten Vorschläge. Auf nationaler Ebene müßten „angemessene Politiken und Programme eingeführt und Institutionen begründet werden, die das Problem wirksam, nachhaltig und koordiniert anfassen“. International sollten die erforderlichen Finanzmittel und die notwendigen Kenntnisse mobilisiert werden, um „Strategien und Richtlinien auszuarbeiten“. Unabweisbar mit der Ernährungssicherung verbunden, so fanden die Experten der FAO heraus, sind die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion, die Qualität der produzierten Nahrungsmittel, die Erhaltung der natürlichen Ressourcen und die Bekämpfung der ländlichen Armut.

Der FAO steht ein Jahresetat von 200 Millionen Dollar zur Verfügung.

Knapp zehntausend Mark davon erhält Dimitri im Monat. Seine Lebensmittel gehen nicht aufs Konto der FAO. Sie werden bezahlt vom Welternährungsprogramm. Den vorliegenden Bericht erstellte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der FAO. Ein deutscher Sprecher der FAO erklärte gegenüber der taz, daß häufig für derartige Berichte auch outside knowledge eingekauft werde. Diesen Bericht habe man jedoch durchaus im Haus erstellen können.