Affront im Europaparlament

■ Abgeordneter der rechtsradikalen Front National beschimpft Parlamentspräsident als „Diktator“ Rechtsradikale Abgeordnete dürfen keine repräsentativen Ämter wahrnehmen

Straßburg (dpa/taz) - Der Abgeordnete der rechtsradikalen französischen Front National, Bruno Gollnisch, beschimpfte am Mittwoch in einer Plenarsitzung des Europäischen Parlaments den Parlamentspräsidenten Enrique Baron als „Diktator“. Den Vorsitzenden der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Jean-Pierre Cot, nannte er einen „Gestapisten“. Gollnisch wurde aus dem Plenarsaal verwiesen und die Sitzung unterbrochen.

Anlaß für die Beleidigungen Gollnischs war ein Parlamentsbeschluß vom Vorabend, der rechtsradikale Abgeordnete von der Wahrnehmung repräsentativer Ämter im Europäischen Parlament ausschließt. Normalerweise werden diese Funktionen nach dem d'Hondtschen Verfahren zwischen den Fraktionen verteilt - und damit wären jetzt auch die Rechtsradikalen an die Reihe gekommen. Ein Vorstoß der Sozialisten, die Rechten ganz von repräsentativen Aufgaben auszuschließen, fand im Präsidium des Europäischen Parlaments keine Zustimmung.

Man einigte sich lediglich darauf, das übliche Verfahren für die Bestimmung des Delegationsvorsitzenden beim Schweizer Parlament und den einer gemeinsamen Gruppe europäischer und israelischer Parlamentarier außer Kraft zu setzen und sie frei zu wählen. Damit fallen diese Ämter nicht der „Technischen Fraktion der Europäischen Rechten“ zu.

Durch die Regelung kommen die Rechtsradikalen nun nicht mehr zum Zuge. Sie haben keine Mehrheit in den Delegationen. Sie nehmen auch keine anderen herausragenden Positionenen im Europäischen Parlament wahr.

Die Schweizer Regierung hatte bereits angedeutet, daß sie im Falle der Benennung eines Rechtsradikalen als Delegationsleiter die Beziehungen zum Europäischen Parlament erst einmal einfrieren wolle. Auch in Israel hätte die Benennung eines Mitgliedes der „Technischen Fraktion der Europäischen Rechten“ als stellvertretender Vorsitzender einer gemeinsamen Gruppe europäischer und israelischer Abgeordneter gewiß zu Protesten geführt. Für die Zukunft könnte der Beschluß des Präsidiums wohl in Einzelfällen weiter Schule machen.

Hortense Hörburger