Kombinatsstruktur aufbrechen!

■ Dr.Doris Cornelsen, Leiterin der Abteilung „DDR und östliche Industrieländer“ im Berliner Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, sieht die DDR im taz-Interview vor der Notwendigkeit tiefgreifender Strukturreformen / Konvertibilität und Weltmarktbezug könnten Binnenwirtschaft produktiver gestalten

taz: Frau Dr.Cornelsen, eine Wirtschaftswissenschaftlerin aus der DDR beklagte kürzlich, daß die Datenbasis für Analysen in ihrem Lande absolut unzulänglich sei. Wie können denn Sie von außerhalb überhaupt die ökonomische Lage in dem Lande beurteilen?

Dr.Cornelsen: Das ist ein Problem. Es gibt dort lediglich das statistische Jahrbuch, und das ist im Vergleich zum Westen sehr dürftig. Darin sind viele Bereiche einfach schlecht abgedeckt. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind viele Angaben beispielsweise auf Prozentzahlen oder Indexreihen reduziert. Da gibt's keine absoluten Zahlen, ebensowenig wie die Exportquote, die ja für den Bereich der Industrie einmal interessant wäre. Die Außenhandelsstatistik in der DDR ist insgesamt außerordentlich dürftig. Es gibt keine Gliederung nach Ländern, sondern nur nach den großen Bereichen. Außerdem lauten die Angaben alle über die sogenannte Valuta-Mark, von der man nicht weiß, in welcher genauen Beziehung sie zur Binnenmark steht. Das ganze Zahlenwerk ist äußerst wenig und das wenige auch noch von begrezter Aussagekraft.

Meinen sie denn, daß da auch etwas geschönt sein könnte?

Wohl nicht bewußt. Die preußische statistische Tradition ist noch gewahrt. Wenn die DDR Dinge nicht sagen will, so läßt sie sie einfach weg. Als die Lage des DDR-Außenhandels kritisch wurde, etwa Anfang der 80er Jahre, als man allgemein davon ausging, die DDR würde jetzt auch gleich Umschuldungsverhandlungen einleiten, hat sie abrupt aufgehört, ihre Außenhandelszahlen zu veröffentlichen. Ab sofort brachte man nur noch den Umsatz, Export und Import zusammengenommen, so daß kein Defizit oder Überschuß mehr feststellbar war. Das war natürlich eine völlig idiotische Entscheidung, weil alle Beobachter gesagt haben: Wenn die das nicht mehr veröffentlichen, dann muß das ja ganz fürchterlich aussehen.

Außerdem sind die Statistiken nicht preisbereinigt. Es ist einfach nicht möglich, Preis- und Mengeneffekt voneinander zu unterscheiden.

Die Preisentwicklung im Lande ist ja offenbar eine besonders nebulöse Angelegenheit. Professor Max Schmidt, immerhin Direktor vom Ostberliner Institut für internationale Politik und Wirtschaft, hat vor eineinhalb Wochen auf Nachfragen angegeben, er habe keine Angaben darüber, wie hoch die Inflation in der DDR sei.

Wir haben auf das Problem schon oft hingewiesen. Da gibt es das Standardsortiment mit relativ stabilen Preisen, dann gibt es neue Produkte, die sind unverhältnismäßig teuer, jetzt z.B. Lampen, Schuhe, Möbel. Ein Preisindex in der DDR wird ja auch veröffentlicht, da ändert sich kaum etwas, aber das ist nicht in Ordnung. Es gibt einen Preiseffekt, der sich auch im produzierten Nationaleinkommen niederschlägt.

Die Ungarn behaupten ja immer, die DDR rechne sich schlicht reich. Wenn sie so rechnen würden wie die DDR, könnten sie auch Zuwachsraten vorweisen. Wir haben das gründlich recherchiert, aber dann feststellen müssen, daß die Ungarn das nie richtig durchgerechnet haben. Sie gehen lediglich davon aus, wie jeder statistisch halbwegs versierte Mensch, daß im DDR-Wachstum Preiseffekte enthalten sind. Bloß wieviel, das weiß keiner.

Aber für den unbefangenen Betrachter wird ja der Verdacht einiger RGW-Staaten, die DDR rechne sich lediglich reich, bisweilen bestätigt. Die Lebensmittelläden, vor allem die Fleischereien in Prag etwa sind beneidenswert voll, wenn man sie mit jenen aus dem angeblich reichsten RGW-Staat DDR vergleicht. Wie groß ist denn der wirtschaftliche Vorsprung der DDR tatsächlich?

Das ist schwer zu sagen. Man kann das schlecht berechnen, nur dort, wo es mengenmäßige Angaben gibt. Z.B. bei der Quadratmeterzahl der Wohnfläche je Einwohner, oder dem Verbrauch an Fleisch oder Butter. Da liegt die DDR in der Spitzengruppe mit der CSSR und Ungarn. Eine Berechnung über alles scheitert aber daran, daß es keine Austauschverhältnisse zwischen den Währungen gibt. Dafür müßten ja der private Verbrauch und das Kaufkraftverhältnis in der DDR und in Ungarn verglichen werden. Das geht nicht. Man hat das in den RGW-Ländern einmal versucht, um den Touristenkurs untereinander festzulegen. Aber das ist eine Wahnsinnsmühe.

In den Medien der DDR wurde ja - zumindest bis vor einiger Zeit - implizit der Eindruck erweckt, daß vor allem die anderen RGW-Staaten ihre Wirtschaft reformieren müssen, man selbst aber weniger mit dieser Notwendigkeit konfrontiert sei, eben wegen des wirtschaftlichen Vorsprunges.

Den hat sie natürlich. Ungarn hat vielleicht volle Geschäfte, gleichzeitig aber gewaltige Preissteigerungen und soziale Spannungen. Da brauchen manche einfach zwei Einkommen, um ihren Lebensstandard aufrechtzuhalten. Wenn sie es mit Polen oder der Sowjetunion vergleichen, dann ist das durchschnittliche Verbrauchsniveau in der DDR sehr gut.

Wie sehen sie denn aber die Klagen aus der DDR-Bevölkerung, daß die Versorgungslage immer schlechter wird?

Ich kenne im Grunde seit vielen Jahren nur Leute, die immer sagen, es ist schlechter geworden. In letzter Zeit ist allerdings eines tatsächlich problematisch: Die Versorgung mit Obst und Gemüse.

Erhöht hier die Auslandsverschuldung den Exportdruck und schmälert die Importmöglichkeiten?

Das spielt wohl auch eine Rolle. Es haben sich allerdings auch die Verbrauchsgewohnheiten geändert. Auch in der DDR gibt es jetzt die Gesundheitswelle, ganz offiziell unterstützt, z.B. der Wunsch, nicht so fett zu essen. Das Angebot ist damit aber nicht mitgekommen. Die Einkommen steigen ja, und mit ihnen die Ansprüche.

Statistiken hin - Kaufkraft her, auch die DDR-Medien gestehen immer deutlicher ein, daß es mit der DDR-Wirtschaft im argen liegt. Es soll besser werden, und da lautet die Zauberformel: Verstärkung des Leistungsprinzips. Was heißt das denn genau? Kann man darunter auch strukturelle Veränderungen verstehen?

Das Leistungsprinzip setzt ja an der Verteilung an. Die Leistung wird auch in der DDR als Verteilungsprinzip anerkannt - seit jeher. Es ist aber nicht vernünftig durchgesetzt. Was heute beklagt wird, ist ja, daß nicht das Leistungsprinzip, sondern eine Art von Gleichmacherei gilt. Es gibt wenig Differenzierung von oberen und unteren Einkommen. Der Unterschied zwischen Arbeitern und den leitenden Kadern ist außerordentlich gering.

Diese Zustände werden jetzt sehr beklagt. Aber das ist natürlich nur die eine Seite. Auf der anderen Seite muß natürlich auch das Angebot stimmen, nur dann kann ja das Leistungsprinzip greifen.

Sehen Sie denn Anzeichen, daß zur Stärkung des Leistungsprinzips - vor allem ja dann auch auf der Angebotsseite - auch Konkurrenzstrukturen zugelassen werden, Angebotsmonopole entflochten werden? Wo laufen Ihrer Beobachtung nach denn die Linien struktureller Reformen entlang?

Ich sehe da noch überhaupt keine Linien. Egon Krenz hat ja nur all die Probleme aufgelistet, die Erich Honecker schon einmal viel schärfer benannt hatte. Jeglicher Hinweis darüber, was Krenz jetzt machen will, fehlte in seiner Rede.

Man hat ja auch bisher gesehen, daß dieses Planungssystem sehr wohl Macken hat. Dann wurde immer mehr verfeinert, noch eine Kennziffer, noch ein Prinzip, noch ein Plan eingeführt. Da waren sie schon ganz emsig, die preußischen Bürokraten. Sie haben aber nie gesagt, daß das ganze System revisionsbedürftig sei. Meines Erachtens müssen sie jetzt erkennen: Planwirtschaft ist nichts.

Wie sieht es denn bei Ihren Kollegen drüben aus? Wäre das denn jetzt nicht die Stunde der Wirtschaftswissenschaft in der DDR? Die macht mir ja eher einen verschlafenen Eindruck. Sie könnte doch jetzt in das Vakuum stoßen, das sich ergibt, weil keine genaueren Pläne für die Reform vorliegen.

Natürlich. Die Wirtschaftswissenschaft hat ja lange Jahre ein großes Problem gehabt, als es immer hieß: Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen. Und da mußten sie Dinge lernen, die für ein solch traditionelles arbeitsteiliges Industrieland wie die DDR völlig daneben lagen. Es wurde eine ganze Wissenschaft verprovinzialisiert, heute ist das aber nicht mehr so schlimm.Ohne daß wir uns jetzt in die inneren Angelegenheiten der DDR einmischen wollen: Was wäre denn jetzt ihrer Meinung nach nötig in der DDR, wenn wir schon nicht wissen, wo sie selbst hin will?

Da habe ich ja eine sehr feste Meinung. Ich bin sicher, daß dieses System der Planwirtschaft nicht effizient ist und auch nicht zu machen ist. Es müssen also marktwirtschaftliche Instrumente eingeführt werden. Punkt 1 wäre da, die Kombinatsstruktur aufzubrechen, jedenfalls da, wo sie völlig blödsinnig ist, z.B. im Konsumgüterbereich. Da braucht man keine monopolistischen Betriebe für einen ganzen Industriezweig, da braucht man Wettbewerb. Der zweite Unfug ist die totale Planung, beides muß da weg.

Die wollen ihren Plan erfüllen, und zwar - wie das so menschlich ist - auf die einfachste und bequemste Art und Weise. Und das ist noch allemal, das zu machen, was sie schon immer gemacht haben. Schon vor einer ganzen Weile habe ich in der 'Leipziger Volkszeitung‘ gelesen, wie eine Frau schrieb: Wir stellen Pullover her, von denen wir wissen, daß sie Ladenhüter sind. Wir haben schon oft darüber diskutiert, daß wir das modischer machen könnten und hier und da ein bißchen schicker. Da hat es aber geheißen, dann schaffen wir unseren Plan nicht, und dann haben wir das gelassen und produzierten weiter Ladenhüter.

Da läuft eine Verschwendung von Ressourcen für Produkte der unteren Standardklasse.

Wenn in der DDR die Marktwirtschaft eingeführt wird, wo sehen Sie denn dann überhaupt im ökonomischen Bereich noch ein eigenes DDR-Profil? Könnte der besondere Weg vielleicht in der Eigentumsfrage liegen. Konkurrenz kann es ja unabhängig von Eigentum an Produktionsmitteln geben.

Ich weiß gar nicht, ob das so ein wichtiger Punkt ist. Wenn man so eine Form fände, wie die mittleren und großen Betriebe unter die Kontrolle eines Aufsichtsrates - durch die Gewerkschaften, die Arbeitnehmer oder sonst jemand, dann wäre das doch ein guter Schritt. Der Sozialismus will ja nur die Konzentration von Vermögen und wirtschaftlicher Macht in der Hand von Einzelnen verhindern, aber doch nicht in der Hand von Gewerkschaften oder Arbeitnehmern. Man könnte sich ja bemühen, die Verzerrungen, die es da bei uns gibt, zu vermeiden, und auch ein soziales Netz einzurichten, das möglicherweise das Recht auf Arbeit stärker garantiert, als das bei uns der Fall ist. Dieses würde aber eben alles auf der Verteilungs-, nicht auf der Produktionsseite ansetzen.

Einen inzwischen legendären Ruf hat sich ja das DDR-Auto „Trabant“ erworben, das meines Wissens abgesehen von einer kleinen Modelländerung in den 60er Jahren seit den 50er Jahren unverändert angeboten wird. Liegt das am Mangel der Konkurrenz, oder arbeitet hier die Entwicklungsarbeit latent unter Plansoll, oder fehlt das Know-how?

Das hat wohl mehrere Gründe. Unter Ulbricht galt das private KfZ ja als etwas abscheuliches. Damals wurde in diesen Bereich entsprechend überhaupt kein Geld gesteckt. Das Problem liegt wohl darin, daß die ihren Trabant ja immer reißend los wurden. Und wenn man alles verkaufen kann, was man produziert, strengt man sich nicht an.

Für mich ist das aber irgendwie auch eine Leitungsfrage. Ich kann mir nicht vorstellen, daß so etwas einem hochmotivierten Kombinatsleiter nicht auch peinlich sein müßte.

Haben die in Eisenach eigentlich überhaupt eine Entwicklungsabteilung.

Ich weiß nicht, ich bin ja immer der Meinung, das müssen außerdem auch noch Flaschen sein. Man kann doch nicht so etwas produzieren, ohne wenigstens ein bißchen was zu fummeln. Aber ich kenne die Leute nicht, vielleicht tue ich ihnen unrecht.

Es hat ja einmal Pläne gegeben, im Werk Eisenach mit VW zusammen eine Halle zu bauen für die Produktion eines neuen Autos. Da hätte sich ja fast eine Art Joint-venture angebahnt. Wie sieht es denn damit aus in der DDR?

Ich glaube, daß die Ablehnung von Joint-ventures heute nicht mehr so groß ist wie noch vor wenigen Jahren. Ich meine aber auch, daß die Joint-ventures überschätzt werden. Die unterschiedliche Interessenlage beider Partner ist doch ganz gravierend. Der eine - westliche - will schlicht verdienen. Der andere will exportieren, möglicherweise in den Westen, worauf sich der westliche Partner nicht einlassen will, um sich nicht zu Hause Konkurrenz zu machen.

Ich meine, daß andere Methoden der Kooperation, Lizenzfertigung z.B., sehr viel besser funktionieren.

Viele verschuldete Länder der Dritten Welt versuchen ja, ihre Schulden durch Privatisierungen und Verkauf an Ausländer zu bewältigen. Wäre das auch für die DDR ein Weg?

Ich weiß nicht, was die DDR für ein Konzept entwickelt. Daß der private Bereich grundsätzlich noch weiter ausgedehnt wird, davon gehe ich allerdings schon aus. Er wird ja auch inzwischen stärker gefördert, wenn auch beschränkt auf den Bereich Handel, Handwerk, Gaststätten. Ob man dafür ausländisches Kapital hereinläßt, das weiß ich nicht. Die DDR hat ja nicht so große Probleme als verschuldetes Land und steht ja in ihrer Kreditwürdigkeit nicht so schlecht da. Vielleicht nimmt sie ja auch lieber projektgebundene Kredite auf.

Ein Weg für die DDR wäre sicherlich, ihr touristisches Angebot auch für Leute aus dem Westen anzukurbeln.

Was würden denn dann die einzelnen Betriebe mit den hier anfallenden Devisen anfangen können? Wasmüßte passieren, daß sie selbst darüber verfügen könnten? Damit das private italienische Restaurant in Berlin-Köpenick auch mal italienischen Wein anbieten kann, und sei er auch noch so teuer.

Die Konvertibilität der DDR-Mark (freie Umtauschbarkeit, d.Red.) würde diese Voraussetzungen schaffen, und da wird die DDR auch nicht drumherumkommen - dies ja auch schon allein wegen des West-Tourismus der DDR-Bürger selbst. Es wäre aber auch nötig, um die Weltmarktfähigkeit der heute so stark subventionierten DDR-Produkte ermitteln zu können. Jetzt werden ja Produkte verkauft, die eine miserable Devisenrentabilität haben.

In anderen Ländern gibt es da ja schon mehr Möglichkeiten für die einzelnen Betriebe, die selbst erwirtschafteten Devisen teilweise auch selbst verwenden zu können. Sehen Sie denn da in der DDR auch Ansätze?

Wieviel die bekommen, ist insgesamt recht unklar. Es gibt heute 16 sogenannte Experimentierbetriebe, deren Zahl noch steigen soll. Sie können einen bestimmten Prozentsatz lediglich des überplanmäßigen Exportüberschusses für eigene Importe selbst verwenden, also einen winzigen Anteil. Die Betriebe müssen hier natürlich einen größeren Anteil bekommen.

Haben Sie eigentlich eine Idee, wieviel die DDR-Mark wert sein kann?

Das weiß ich nicht, daran wird man sich auch herantasten müssen. Ich glaube aber nicht, daß der Kurs so schlecht ist, wie der jetzige Schwarzmarktkurs von 1:11, denn der ist ja nur vom Angebot und Nachfrage unabhängig von der Produktivität abhängig. Er wird aber auch nicht 1:1 betragen, wie der jetzt offizielle Kurs.

Wie sieht denn eigentlich die Zukunft des innergemeinschaftlichen RGW-(Ostblock-) Handels aus, wenn die UdSSR und Ungarn jetzt ihren zwischenstaatlichen Handel auf Dollarbasis verrechnen wollen, wie das in der Diskussion war?

Ungarn strebt das überhaupt nicht an. In Budapest hat man ausgerechnet, daß das Land dabei ganz schlecht aussähe. Die Sowjetunion führe dabei am allerbesten. Sie liefert in erster Linie homogene Güter wie Erdöl und Baumwolle, die einen tatsächlichen Weltmarktpreis haben, den sie dann in Rechnung stellen könnten. Die kleineren RGW-Länder liefern überwiegend Industrieprodukte, deren Qualität in Frage zu stellen ist. Und die Sowjetunion könnte sich ja dann überlegen, ob sie für das Cash, das sie dann einnimmt, nicht viel lieber in der Bundesrepublik kauft und auf die Buchungsmaschinen und Autobusse aus Ungarn verzichtet. Was jetzt angestrebt wird, ist lediglich den Saldenausgleich auf Dollarbasis zu erstellen, nicht mit Dollar zu bezahlen. Das Prinzip Ware gegen Ware soll erhalten bleiben.

Und bei der Umstellung auf Dollarberechnung würde die DDR mitziehen?

Das Gerücht geht um , daß die Preisbildung voll auf konvertible Devisen umgestellt wird und dann auch nicht der Durchschnitts-Weltmarktpreis (der letzten Jahre, d.Red.), sondern der aktuelle Preis gelten soll. Dagegen wehren sich die kleineren Länder. Ungarn rechnet sich da enorme Verluste aus.

Was würde denn passieren, wenn die DDR vom Teufel geritten würde und ihre Währung von heute auf morgen in die Konvertibilität überführen würde?

Langfristig wäre das genau das Richtige. Dann würden sie auch intern feststellen, welche Bereiche sich bei ihnen nicht mehr lohnen. Das wäre eine dringend nötige Strukturbereinigung. Kurzfristig würde die DDR natürlich feststellen, daß aufgrund der neuen Kurse ihre Importe erheblich teurer würden. Und weil die Exporte aus demselben Grund billiger würden, bekäme eine ganz schöne Inflation ins Land herein. Ganze Produktionen würden eingestellt, Arbeitslosigkeit, kurzfristig wäre das sehr chaotisch.

DDR-Wissenschaftler meinen ja deshalb, zunächst müsse der Produktionsapparat umgestellt werden.

Ja, die Voraussetzungen seien nicht gegeben, das Angebot sei nicht ausreichend, heißt es. Aber genau da bin ich mir eben nicht so sicher. Hier stellt sich die Frage: Henne oder Ei. Durch diese Konvertibilität setzt man sich ja unter den Druck zur Umstellung der Produktionsstruktur. Interview: Ulli Kulk