Auf Umlaufbahnen oktavierte Songs

■ Samstag in der Gala: „M.Walking On The Water“

Wir erinnern uns: Vor zwei Jahren starteten sie wie mit dem Lift vom Geheimtip der Ruhrmetropolen zu Independent -Starruhm durch. Eine ungewöhnliche Platte machte Furore, die Musikpresse überschlug sich, und ein Mensch im Ostertor freute sich: „M.Walking On The Water“, die Folk-Punks aus Krefeld mit dem abgedrehten Dada-Touch, sind ein Kind des Bremer Ein-Mann-Labels Fuego. Wen kratzt das heuer noch? Erwartete Langeweile stimmt mich eher muffig.

Es kam so schlimm nicht. Erstens war der Veranstaltungsraum gut gewählt, weil nicht überdimensioniert und deshalb

gut gefüllt. Und zweitens hatten die Pogos die Mehrheit im Saal, und das sind amüsierwillige junge Menschen. Drittens konnte man eventuell erlahmendes Interesse an den Stücken der neuen LP wieder aufrichten, um die die Jungs einen geradezu kosmischen Wirbel machen: Einige der Songs, zu lesen im Promo-Blatt von Fuego, seien in ihren „Schwingungen“ - also in Tonhöhe und Schlagzahl - auf die Planeten gestimmt. Bassist Ulrich Kisters:„Die bei uns (in Europa, RK) übliche Tonhöhe von 440Hz ist auf einer Konferenz einfach technokratisch bestimmt worden. Sie steht in keinem Naturbezug.“ Die Songs auf „Pluto“ dagegen seien bezogen auf die Umlaufbahnen oktaviert.

Natürlich kann man das alles nicht hören. Wer Neues erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Planetensongs liegen alle über 120 beats per minute, mithin in dem Bereich, wo die Pogo-Kids anfangen, sich blaue Flecken vor der Bühne zu holen, und haben als exotisches Element nach wie vor den Standbass und Mike Pelzers Akkordeon. Es gibt weniger volksliedhafte Elemente, auch die älteren Stücke wirken heute zum Teil dank des zupackenden Schlagzeugspiels von Jürgen Jaehncke aggressiver. Originell wirkt das kaum noch. Auch die Herren selbst, in weißen Rüschenhemden, und ihre bewußt unperfekte Bühnenshow erscheinen unspektakulär, mit pendelnden Lichtchen und weißen Rosen kindlich-naiv. „Short distance Psycho-Folk“, der 86/87er Knaller, ist heute Punk -Rock. Durchschnittlicher. Rainer Köste