Kleinwagen gelandet: ein Fetisch?

■ HA Schult rummelt in Bremen / Erfinder des Kunstsponsoring in der Kunsthalle zu besichtigen

Die Show ist gelaufen. Da hilft kein Medienrummel und kein opulenter Katalog und auch kein Videoclip und erst recht kein vieles buntes Werbeagenturpapier: HA Schult, der Mann, der den Markusplatz mit Papier aufwertete und in New York ein Flug

zeug abstürzen ließ, hat in Köln Autos einer ungenannten omnipräsenten Kölner Automobilfabrik schweben, tanzen, versteinern und auftauen lassen. Das war eine Aktion. HA Schult ist Aktionskünstler. Ist die Aktion vorbei, bleibt das mediale Echo übrig. Es

echot jetzt auch in der Hansestadt Bremen.

Im Foyer der Kunsthalle duckt sich ein Marmorkleinwagen. Ein französischer Professor für Marmormalerei hat ihn realisiert. Der Meister selbst, der sich „Macher“ nennt, dröhnt ein „Grüß Gott“ zur Presse hinüber, macht artig seinen Diener („Ohne euch gäbe es keine Aktionskunst“) und ist ganz Fellimitatschuh, Zuhälterfrisur und Weitsichtbrille, türkisgerahmt.

„Ich war schon immer dem Zeitgeist voraus“, trumpft HA („Habermas-Antipode“? „Hirn-Aktionär?“ „Hybrider Adept“?) Beweis: Er hat das Kunst-Sponsoring erfunden damals leipzig/einundleipzig. Und drum kostet die ganze Ausstellung in Bremen - das Worpsweder Zimmer ist belegt - den Staat nix.

Großformatige Fotos des Buntbildners Thomas Höpker bilden die HA Schult-Ausstellung, nebst einem Abspielgerät für den vom Chef produzierten Videofilm. Das ist imposant und kommt gut, aber Aktion? Da muß man mächtig imaginieren: Ein Autochen, wolkig bemalt, umkreist am Heli hängend den Dom; ein riesiger Eisblock taut und gibt ein Autochen frei; Autochen in Disco, hüpfend; Autochen im Römisch-germanischen Museum, „SEMPER MO DELENDA EST“ („Immer ist der Motor zu zerstören“ oder so). Immerhin geht es der Aktionskunst um Imaginationen, um Bilder in den Köpfen der Massen, es zählen also in erster Linie Einschaltquoten und Besucherrekorde.

In Köln hatte HA 500.000 erreicht, allerdings hat er es, sagt er, nicht so mit den Nullen. „Unser Traum der 60er Jahre“, schwadoniert er, „unsere Bilder für alle!“ Wir? „Christo-Warhol

Beuys.“

Eins immerhin leuchtet unmittelbar ein: daß es doll ist, wenn einer seinen Größenwahn nicht nur im Kopf hat, sondern realisieren kann. „Die Visionen Magrittes sind heute möglich!“ Autos bekommen Flügel. Autos umschweben den Dom. Eine Pressekonferenz mit HA Schult ist eine Futtertrog für die Medien, besonders die bremer, seit uns Colani nicht mehr liebt. „Die Japaner zahlen doch nur solche Summen, weil sich Van Gogh das Ohr abgeschnitte hat.“ Soviel zur Traditionslinie der Aktionskunst.

Wieso „Fetisch“? HA Schult hat Autos durchbohrt und zerschmettert, also darf er heute sagen: Auto sei schön; Auto mache frei. „Ich möchte mich beim Auto bedanken!“ Und dann mischt er mit bei einer „neuen Romantik

des Konsumzeitalters“. Und seine ganz heißen Pläne für die Zukunft will HA Schult auch noch loswerden: Weil er an der Mauer zu spät war - ein Panzer hätte auf dem „Todesstreifen“ schmelzen sollen - revitalisiert er nun ein altes Projekt, seinen „Mauerbau“ mitten in New York („New York ist Berlin“, 1985/86), und stellt die Mauer auf dem Campus der Humbold -Universität auf. Hat er mit Minister Kultur-Keller geklüngelt.

Die Show ist längst over, die Spurensicherung präsentiert sich in der Kunsthalle auf die sehr vermittelte Art und dürftigdünn. Wer von HA Schult was haben will, muß ihn selbst als Show mitnehmen, und dazu besteht am Sonntag, 14.1. um 11.30, die Gelegenheit. In der Kunsthalle. Burkhard Straßman