Super-Joe holt Super Bowl im Superdome

■ Joe Montana und die San Francisco 49ers ließen den Denver Broncos im 24. Finale des American Football keine Chance / Der deklassierende 55:10-Sieg der Kalifornier war der höchste Sieg in der Geschichte der Super Bowl

Berlin (taz) - An saftige Niederlagen in Super Bowl-Spielen sind die Broncos aus Denver eigentlich bestens gewöhnt. 1987 verloren sie mit 20:39 gegen die New York Giants, 1988 gegen die Washington Redskins gar mit 10:42. Aber so kräftig wie am Sonntag von den San Francisco 49ers war ihnen noch nie das Fell über die Ohren gezogen worden. 55 Punkte kassierten sie bei dieser Super Bowl XXIV, die nicht nur 72.919 Zuschauer im Superdome von New Orleans, die auf dem Schwarzmarkt bis zu 500 Dollar gezahlt hatten, sahen, sondern die auch in 50 Ländern live übertragen wurde. Insgesamt verfolgten runde 130 Millionen Menschen die Glanzleistung der kräftigen Männer um den 33jährigen Quarterback (Spielmacher) Joe Montana, bei einem Preis von 700.000 Dollar für eine halbe Werbeminute durfte sich die Fernsehanstalt 'CBS‘ über einen Reibach von rund 30 Millionen Dollar freuen.

„Ich bin gerne überall zehn Minuten zu früh“, sagt Ronnie Lott, der Turm in Friscos „Defense“, über sich selbst. Ganz so eilig hatten er und seine Kollegen es diesmal zwar nicht, aber wo immer die Angreifer aus Denver auch hinliefen, die Abwehr der 49ers war schon da. Der hochgelobte Quarterback der Broncos, John Elway, wurde so in die Enge getrieben, daß er selten wußte, wohin mit dem Ei. Er produzierte Fehlpaß über Fehlpaß, lief sich fest, warf das Leder unsinnig in der Gegend herum, und einmal ließ er es sich gar schnöde aus den Händen entwenden. Zudem hatten seine Fänger zittrige Finger und ließen fallen, was zu ihnen durchkam. Ein einziges Field Goal im ersten Viertel brachte ihnen drei Punkte und als sie sich einmal, schon hoffnungslos in Rückstand, ein gutes Stück nach vorne gemogelt hatten, brachte die einzige gute Aktion von Elway, ein Lauf über sieben Yards hinter die Grundlinie der 49er, den einzigen Touchdown (6 Punkte) für Denver, den sie mit einem gelungenen Kick durch die Torstangen hindurch (1 Punkt) abrundeten.

Der Rest des Matches gehörte Joe Montana und den 49ers. Gewohnt variabel verteilte der beste Quarterback aller Zeiten, der nebenher als Dressman für Unterhosen jobbt, die Bälle, reichte das Ei mal an seine wuchtigen „backs“ Roger Craig oder Tom Rathman weiter, die damit hurtig enteilten, warf kurze Pässe nach links und rechts oder rannte ab und zu mal selbst los, um wichtige Yards Raumgewinn herauszuschlagen. „Wir spielen pro Woche über 100 verschiedene Spielzüge“ sagt Montana. Die Präzision, die das Zusammenspiel der Recken aus San Francisco auszeichnet, ist indes hart erarbeitet. „Wir tun eine Sache im Training immer und immer wieder“, berichtet Craig, „bis zu dem Punkt, an dem du es im Schlaf kannst. Nichts ist dem Zufall überlassen.“

Die Leckerbissen der Spiele der 49ers sind ohne Zweifel die messerscharfen Würfe Montanas über 30, 40 Yards direkt in die Arme der sicheren Fänger Jerry Rice und John Taylor. In New Orleans kamen 75 Prozent der Pässe Montanas an, mit dreizehn „complete passes“ in Folge stellte er einen neuen Super Bowl-Rekord auf, und die Würfe, die zu fünf der acht Touchdowns seines Teams führten, schraubten seine Super Bowl -Bilanz auf elf Touchdown-Pässe in vier Finalspielen, ebenfalls Rekord. In den vier Super Bowls, die Montana bisher bestritt, wurde kein einziger seiner Pässe von den Gegnern abgefangen. Natürlich auch ein Verdienst seiner Mitstreiter, die die anstürmenden Broncos so versiert abblockten, daß keiner auch nur in die Nähe des 49er -Quarterbacks gelangte.

Zehn Minuten vor Schluß ließ sich Montana, der konkurrenzlos zum „wertvollsten Spieler“ der Partie gewählt wurde, auswechseln und gesellte sich zu seinen bereits heftig am Spielfeldrand feiernden Kameraden. Zu diesem Zeitpunkt war der Endstand von 55:10 bereits hergestellt, die restliche Zeit bestand nur noch in einem wenig beachteten Geplänkel.

Mit ihrem vierten Super Bowl-Sieg stellten die 49ers den Rekord der Pittsburgh Steelers ein, im nächsten Jahr wollen sie nun, wie Montana und Rice einhellig verkündeten, als erstes Team den dritten Triumph in Folge landen. Denvers Coach Dan Reeves, der sich immerhin seinen Humor bewahrt hatte, würde dann am liebsten ganz weit weg sein. „Ich will ihn nicht mehr sehen“, sagte er über Joe Montana und fügte schelmisch hinzu: „Man sollte einen Bundesstaat nach ihm benennen.“

Matti