Christenverfolgung in Bonn geht weiter

■ Wulf Schönbohm, Leiter der Grundsatz- und Plaungsabteilung des Adenauerhauses und Geißler-Vertrauter muß gehen

Bonn (taz) - Eine Minute hat es gedauert: Sie müßten sich trennen. Er solle so bald wie möglich das Haus verlassen. Alles nähere regele der Personalchef. Dies und nichts weiter beschied Generalsekretär Volker Rühe vor einigen Tagen einem Mann, den er seit zwanzig Jahren gut kennt, den er duzt, der seit 17 Jahren Mitarbeiter der Union ist, dem in den letzten Jahren die Grundsatz- und Planungsabteilung der CDU -Parteizentrale unterstand: Wulf Schönbohm. Daß der treue Geißler-Mann seinen einflußreichen Posten verlieren würde, war nach dem Rausschmiß des ehemaligen Generalsekretärs durch Kanzler Kohl klar.

Daß ausgerechnet Amtsnachfolger Rühe ihn vor die Tür setzt, damit hatte man in Bonn nicht mehr gerechnet. Erst zwei Wochen ist es her, seit der Generalsekretär Schönbohm die Geschäftsführung der Kommission zur Erarbeitung des CDU -Wahlkampfes übertragen hatte. Überdies galt Schönbohm als zukünftiger Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Moskau.

Die Russen wüßten eben, der CDU-Stratege genieße nicht das Vertrauen des Kanzlers - so begründet ein Führungsmitglied der CDU-nahen Stiftung, weshalb man sich Schönbohms auch nicht entledigt, indem man ihn nach Moskau schickt. Der Kanzler ist es wohl auch, der den Geißler-Mann weghaben will. Gleichzeitig löst Helmut Kohl faktisch die Planungs und Grundsatzabteilung seiner Partei auf: Sie wird einfach der Hauptabteilung Politik zugeschlagen. Dort schreiben Mitarbeiter etwa Stellungnahmen, verfassen Reden, und entfalten sonstige tagespolitische Aktivitäten - geplant und weitreichend gedacht wird in dieser Etage allerdings nicht.

„Bunkermentalität. Mit dieser Aktion verliert die CDU einen ihrer letzten Strategen“, so kommentiert ein prominentes Unionsmitglied den Kohl-Coup.

Der „Christenverfolgung“, wie der sukzessive Rausschmiß aller Geißler-Leute genannt wird, waren bisher schon drei CDUler zum Opfer gefallen: der Chef der Hauptabteilung Personal und Verwaltung, Rüdiger May, CDU-Sprecher Jürgen Merschmeier und seine Stellvertreterin Christiane Bertels -Heering.

Ferdos Forudastan