Weder Joint-venture...

...noch eine andere andere Zeitung  ■ T A Z I N T E R N

Was'n das? DDR oder taz? Ost oder West oder was? taz-ddr ein deutsch-deutsches Gemeinschaftsprojekt der anderen Art. Sechzehn Seiten Zeitung, von denen keiner so recht weiß, woher sie kommen. Und das alles in einer Auflage von 60.000 in der ehemaligen ND-Druckerei hergestellt, durch eine ca. zwanzigköpfige Redaktion, die in den Räumen der BRD -Abteilung des ehemaligen ZK der SED residiert. Wer soll da noch durchblicken?!

Am Anfang standen der Überdruß an der weitgehend von Parteizeitungen beherrschten Presselandschaft der DDR und das Wissen darum, daß es schließlich eine taz - freilich nur im Westen - gibt. Beides flott zusammenzunageln, die Wessi -taz an Ost-Kioske zu bringen, schien uns nicht die intelligenteste Variante - dazu ist der kulturelle Abstand zwischen Ost und West (noch) zu groß. Groß genug andererseits, um einer anderen Idee Existenzraum zu gewähren: der Herstellung einer eigenen Zeitung, die dem Arbeitsmodell und dem inhaltlichen Konzept der taz (West) sowie dem spezifischen Erfahrungshintergrund DDR Rechnung trägt.

So wurde am 9. Februar 1990 in Berlin/Haupstadt die Anbau Verlag Tageszeitungsgesellschaft mbH von zwei DDR -Gesellschaftern gegründet, die das Stammkapital solange treuhänderisch verwal ten, bis die Umwandlung der Gesellschaft in einen mitarbeitereigenen Betrieb möglich ist. Parallel zu dieser Gründung, mit der enormen Unterstützung der West -tazlerInnen, wurden alle anderen Fragen, die mit der Herstellung einer Zeitung verbunden sind, nahezu gleichzeitig in Angriff genommen - daß es heute bereits die erste Nummer gibt, widerspricht allen Regeln des gesunden Menschenverstandes. Aber dessen Geltungsbereich ist ja ohnehin geschrumpft.

Wichtigste Grundlage dessen, was in dieser Zeitung zu lesen sein wird, ist eine Kooperationsvereinbarung beider Redaktionen, nach der wir soviel wie möglich selbst machen (das betrifft zur Zeit ein Viertel bis ein Drittel der Textmenge) und für den Rest fröhlichen Raubbau an der Mutter -taz betreiben. Da die DDR-Redaktion autonom ist, wird Zank nicht ausbleiben können. Was will man mehr?!

Jürgen Kuttner