Stras contra Amateure

■ Olympia-Üben - wer soll das bezahlen: Senat und Landessportbund streiten sich um die Höhe der Ausfallbürgschaften für Amateur-Sportveranstaltungen

Sportstadt Berlin: Kein Grund zum Jubeln, resümierte bereits Ende 1989 der Landessportbund (LSB). Stein des Anstoßes war und ist die angekündigte drastische Kürzung der Ausfallbürgschaften für Amateur-Veranstaltungen seitens des Senats. Hatte es 1989 noch 3,2 Millionen Mark zur Risikominderung nichtprofessioneller Organisatoren gegeben, so veranschlagt die Sportverwaltung für 1990 nunmehr 1,5 Millionen Mark für diesen Etatposten. „Im Rahmen des Zwanges zur sparsamen Haushaltsführung hat es auch hier Kürzungen gegeben“, verteidigt Pressesprecher Stefan Woll die Maßnahme seiner Dienststelle, „aber weniger Geld für Ausfallbürgschaften bedeutet nicht weniger Attraktivität der Sportstadt Berlin.“ LSB-Sprecher Dietmar Bothe sieht dies anders: „Für das laufende Jahr hatten insgesamt 109 Veranstalter einen Antrag eingereicht. 45 von ihnen wurde keine ausreichende Risikoversicherung zugesagt und zogen zurück.“

„Wir wissen, daß der Senat knapp bei Kasse ist“, zeigt Bothe durchaus Verständnis, aber er denkt auch an die sportlichen Folgen: „Von den 91 Veranstaltungen, die 1991 berücksichtigt wurden, sind wir weit entfernt.“ Wie groß die tatsächlichen Auswirkungen auf den aktuellen Sportkalender der Stadt sein können, verdeutlicht die Tatsache, daß allein wenige Großveranstaltungen, wie der Berlin-Marathon oder das Internationale Stadionsportfest der Leichtathletik (ISTAF), den Löwenanteil der Senatsversicherung abbekommen werden. Beispiel ISTAF: Für diesen Termin im kommenden August steht die öffentliche Hand mit veranschlagten 485.000 Mark gerade

-falls schlechtes Wetter das Konzept verderben sollte.

Gerade das ISTAF zeigt, wie fragwürdig eine solche finanzielle Rückendeckung sein kann. Längst hat sich die Creme der internationalen Leichtathleten zu Großverdienern gemausert, die nur im „Paket“ zu haben sind. Ohne Topstars wie Sprint-As Carl Lewis bleibe das Publikum wohl aus. Die Bürgschaftskasse des Senats bekommt deren Start aber deutlich zu spüren. 1988 stand das Spektakel mit einer Ausfallbürgschaft von 109.000 Mark zu Buche; ein Jahr später waren bereits 250.000 Mark an Rückendeckung fällig, eine Summe, die letztendlich noch einmal um weitere 280.000 Mark aufgestockt werden mußte.

„Es wird kurzfristig darauf ankommen, die Sportförderung zu überprüfen“, meint Woll, „im Grunde handelt es sich bei solchen Gegebenheiten um verkappte Profi-Veranstaltungen.“ Auch K.H. Listing vermißt dabei den Grundsatz der „Gleichbehandlung“. Für Bothe zählen dagegen die profitablen Nebeneffekte solcher Sportshows. „Denken Sie doch an die vielen Touristen, was die hier an Geld lassen.“

Nach Erkenntnissen des LSB kommen jährlich 100.000 bis 200.000 Sportbesucher in die Stadt, „1988 waren es 179.000 Besucher, darunter 30.000 aktive Teilnehmer“. Außerdem stehen schließlich die Olympischen Spiele in Berlin vor der Tür, und - so Bothe - „Olympische Spiele muß man üben“. Stefan Woll vom Sportsenat hält wenig von solchen Trockenübungen im Vorfeld, denn „Ausfallbürgschaften haben weder direkt noch indirekt etwas mit Olympia zu tun“. Statt dessen hält er es angebracht, bestimmte Veranstaltungen auf eine andere finanzielle Grundlage zu stellen: „Heraus aus dem Etat des Sportsenats, dafür hinein in die Förderung der Wirtschaftsverwaltung wegen des Tourismusaspektes.“

Zur Erinnerung: 1988 wagte sich die damalige Sportsenatorin Hanna Renate Laurien mit ebendiesem Vorschlag an die Öffentlichkeit, wurde jedoch von ihrem Senatskollegen Elmar Pieroth aus dem Wirtschaftsressort brüsk zurückgepfiffen.

Jürgen Schulz