Goldene Zeiten für „Instandbesetzer“

■ Ostberliner Magistrat will baufälligen Wohnraum nach „Kreuzberger Muster“ sanieren / Sehr günstige Mietverträge

Der Ostberliner Magistrat setzt auf Bürgerselbsthilfe, um dem Wohnungsleerstand vor allem in den Innenstadtbezirken zu begegnen und die Sanierung maroder Altbauten voranzutreiben. In Übereinstimmung mit dem Ostberliner Runden Tisch beschloß der Magistrat gestern, künftig baufällige Wohnungen, deren Zustand eine kurzfristige Vermietung nicht zuläßt, Interessenten zum Um- und Ausbau anzubieten. Nach Fertigstellung sollen die Macher einen „attraktiven“ Mietvertrag erhalten.

Diese Regelung gilt auch für Wohn- und Hausgemeinschaften, die nach Kreuzberger Muster kollektive Selbsthilfeverträge abschließen können, wie der Leiter der Abteilung Wohnungswirtschaft beim Magistrat, Reinhardt, im Roten Rathaus erläuterte.

Während der Bauarbeiten sollen Mietzahlungen gänzlich entfallen und die Kosten für Strom, Gas und Wasser vom Vermieter - zumeist die Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) übernommen werden. Ferner sieht der Magistratsbeschluß nach Abschluß der Sanierung Mietminderungen. Die Selbsthilfegruppen sollen auch mehr Räumlichkeiten mieten können, als ihnen das derzeit gültige Wohnraumbelegungsrecht zubilligt. „Wer die Ärmel hochkrempelt, soll auch das Recht haben, großzügiger zu wohnen“, sagte Reinhardt. In den Bezirken Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain gibt es bislang mindestens 20 Selbsthilfegruppen.

Nach Magistratsangaben stehen in Ost-Berlin zur Zeit 25.000 Wohnungen leer. Davon sollen 3.000 abgerissen werden. 1.600 Wohnungen könnten sofort, weitere 3.900 nach kleineren Schönheitsreparaturen vermietet werden. 16.000 leerstehende Wohnungen weisen zum Teil schwere Mängel auf.

Um einem weiteren Verfall von Altbauten entgegenzuwirken, haben die Ostberliner jetzt auch das Recht, innerhalb von zwei Wochen Auskünfte über leerstehende Wohnungen zu erhalten. Ferner müssen alle baufälligen Wohnungen, die nicht sofort zu sanieren sind, öffentlich für Wohnungssuchende ausgeschrieben werden.

dpa