Gleicher Ton, gleiches Bild

Die neuen Herren der ehemaligen DDR feierten in Dresden ein Fest: Fürs zerbombte Schloß und in eigener Sache  ■  P R E S S - S C H L A G

Achtung, Ion Tiriac, dies ist eine gute Nachricht! Nur für den Fall, daß Sie nicht die Gelegenheit hatten, am Mittwoch in Dresden zu sein. Oder vor dem Fernseher zu sitzen. Weil nämlich die Zeiten vorbei sind, als sie unbelehrbaren Journalisten Rüffel um Rüffel erteilen mußten. Liebe Leute, haben Sie händeringend und bartspitzenhängend gebeten, schreibt doch nicht immer Filderstadt-Turnier, wenn es sich um den Porsche-Cup handelt; daß der rein zufällig in Filderstadt ausgetragen wird, ist doch nebensächlich.

Oder die Australien Open. Ist doch eh kürzer und für betrunkene leichter auszusprechen: Ford Open. Aber so recht durchgedrungen ist der Ion Tiriac nicht, hat sich so abstrampel müssen, der Arme. Aus, Schluß, vorbei! Ab sofort wird sauber zusammengearbeitet. Zumindest für das Territorium und die Bürger der ehemaligen DDR können wir das zusichern.

Weil man hier keine falsche Scham kennt. Weil man hier seinen Karl Marx gelernt hat: „Wes‘ Brot ich eß, des‘ Lied ich sing'“ (Oder war das jemand anders?). Zumal, wenn es um eine gute Sache geht. Wie das Dresdener Schloß beispielsweise. So zerbombt, das gute Stück, und die sozialistischen Schlamper haben's nicht gerichtet. Weil niemand dafür gekämpft hat.

VORWÄRTS IM KAMPF FÜR..., jaja, davon gab's jede Menge in der ehemaligen DDR, aber für das Schloß von August dem Starken hat sich niemand stark gemacht. Bis jetzt 'Bild‘ kam. Und SAT 1. Und da sind wir jetzt bei Gottfried Weise und dem „Deutschen Fernseh Funk“ (DFF). Früher hieß das DDR -Fernsehen, aber der Name ist belastet und man hat ihn abgelegt. Weil jetzt alles anders werden soll. Gottfried Weise jedenfalls, der Fußballreporter, kann jetzt ganz befreit auftreten.

Da hat man am Mittwoch in Dresden zusammengetrommelt was Rang und Namen hat im Stollengewerbe: Beckenbauer, Charlton, Tarantini, Overath, Cha, Sparwasser uswusf. und eine Weltelf gegen eine Auswahl DDR/BRD der 74er Generation kicken lassen. (Auf der zweiten Anzeigetafel stand dann „Deutschland gegen Weltauswahl“, wohl, um dem „anwesenden Bundeskanzler eine zusätzliche Freude zu bereiten“, wie die 'Junge Welt‘ vermutet.)

Womit wir bei Udo Latteck wären, dem Co-Kommentator von Herrn Weise, weil es sich um eine Kooperation SAT 1/DFF handelt, will sagen: gleicher Ton und gleiches Bild auf beiden Kanälen. Und Latteck, „der erfolgreichste Trainer der Welt“ (Weise), hat auch gesagt, warum es ganz richtig war, daß Helmut Kohl den Anstoß gemacht hat um 17.02 Uhr: „Er hat ja viel dazu beigetragen, daß die Wahl so ausgegangen ist.“

Jedenfalls war Herr Weise dankbar, neben einer Koryphäe sitzen zu dürfen und auch der Hilfe für das Schloß wegen, und deswegen hat Weise - Aufgepaßt, Tiriac, das ist ihr Mann! - 14 mal SAT 1 gesagt (mindesten) und daß die Idee für diese „Gala“ von 'Bild‘ sei und Herr Latteck Chefkolumnist (tolles Wort) von 'Sportbild‘ - Gottfried Weise, egal was aus dem Dresdener Schloß wird, wird seinen Weg gehen. Überhaupt waren viele Autoren von dieser großen Zeitung da: Herr Merkel als Trainer, Breitner und Beckenbauer auf dem Platz. Herr Weise hat keinen vergessen.

Und damit wir hier jetzt auch alle zusammenkriegen: Deutschland spielte für Müllermilch und die Welt für Coca-Cola. Vielleicht sollte, um keine verdienstvolle Tat zu vergessen, noch die neue Sport-Show des DFF erwähnt werden vom vergangenen Samstag abend, die von jener Molkereifirma finanziert war, was dem TV-Publikum mitzuteilen Moderator Weise ja auch nicht vergessen hat.

Sehen Sie, Herr Tiriac, das Feld der ehemaligen DDR ist für einen wie Sie doch leicht zu beackern. Noch ein Beispiel? Na schön, da bieten wir die Ankündigung des Spiels FC Berlin gegen Stahl Brandenburg aus dem 'Deutschen Sportecho‘: „Die Hauptattraktion: Die Auto-Firma Winter, die renommierteste Westberlins (VW, Porsche, Audi), inszeniert in der Pause einen Auto-Korso. Und eines davon, ein Gebrauchtwagen 'VW Jetta‘ (Wert 12.000 DM), kann 'abgeschossen‘ werden!“ Na, Ion, ist das nix?

Freuen wir uns mit Tiriac und Karl-Heiz Rummenigge: „Ist doch schön, der Kanzler ist hier und Udo Lindenberg.“ Und all die alten Haudegen auf dem Rasen, über die sich Latteck freut, weil: „Mit Konformisten kannst du keinen Krieg gewinnen.“ Womit wir wieder beim Anlaß der „Gala“ wären: den Bomben, dem Schloß. Denn darum ging's doch schließlich.

Herr Thömmes