Deformierte Produkte

■ Nicht die Kirche, sondern eine Sarstedter Spirituosenfirma bringt schwerwiegende Bedenken gegen eine katholische Satire vor

Der Film hatte im Dezember in Hamburg Premiere. Die taz Hamburg war begeistert. „Der Filmemacher Wenzel Storch hat über viele Jahre hinweg Material aus dem Gruselkabinett des römisch-katholischen Kultus gesammelt und eine gleichzeitig niedliche wie gruselige Filmposse darüber gedreht: Der Glanz dieser Tage (...) Die anarchische Dramaturgie dieses Wechselbads wahnwitziger Späße und absonderlicher Visionen untergräbt alle erzählerischen Konventionen. Reale Spielszenen wechseln mit Puppenanimationen, die Pappkulisse wird von natürlicher Umgebung abgelöst. Diese Radikalität im Umgang mit filmischen Mitteln erinnert stark an die Werke von Herbert Achternbusch oder Vlado Kristl.“

Nun hat die Spirituosenfirma „Gerhard Otto Plage, 3203 Sarstedt, Telefon 0 50 66/73 50“ (so steht es auf den Flaschen) eine einstweilige Verfügung gegen den Film angedroht. Die Produkte dieser Firma, so das Schreiben, würden „in den Szenen derart deformiert, daß wir der Ausstrahlung nicht zustimmen können“. Die Produkte heißen wer es nicht glauben mag, betrachte das obenstehende Foto „Schlüpferstürmer“ und „Busengrapscher“.

Die betreffende Szene dieses Films: Der Pfarrer - der am Anfang des Films seine Frau verlassen hat, um Priester zu werden - verspürt eine Art Sehnsucht nach ihr. Er will sie grüßen und schickt den Oberministranten mit einem Fläschchen „Schlüpferstürmer“ los (Pfarrer: „Nimm dieses Fläschchen 'Schlüpferstürmer‘ und bring es meiner Frau.“ Obermeßdiener: „Wie heißt Ihre Frau?“ Pfarrer: „Meine Frau heißt Frau Schumann. Sie hat das Liebste verloren, was sie hatte. Gehab Dich wohl!“) Der Meßdiener radelt los, und als der eine den anderen nicht mehr sehen kann, holt der Pfarrer eine Flasche „Busengrapscher“ aus der Kutte und leert sie auf ex. Der Obermeßdiener trinkt inzwischen den ihm anvertrauten „Schlüpferstürmer“ aus und hat eine Vision: Er sieht einen Schlüpfer am Kreuz hängen. Kann man der Szene tatsächlich entnehmen, daß diese an sich ja überaus humorvollen Getränke „deformiert“ werden?

thc

Der Film läuft heute und morgen auf den Grenzlandfilmtagen in Selb und danach am 26. Aprilund vom 3. bis 5. Mai in Köln