Markt und Plan

Was ist eigentlich Marktwirtschaft (1. Teil)  ■  1*1 der Marktwirtschaft

Für die einen ist sie das Allheilmittel für (fast) alle wirtschaftlichen Probleme - für die anderen die Quintessenz kapitalistischer Zerstörungslogik. Den einen gilt sie als unerläßliche Grundlage von Freiheit und Demokratie - den anderen als ideale Organisationsform für die Herrschaft des Kapitals.

Wieder andere wünschen sie sich sozialistisch, oder möchten sie durch veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen gerecht, sozial und ökologisch machen: Sie ist in aller Munde, und dennoch sind die meisten einschlägigen Debatten von einem großen Fragezeichen überschattet: Was eigentlich ist Marktwirtschaft?

Marktwirtschaft, so lehren es die offiziellen Theorien, bezeichnet eine wirtschaftliche Ordnung, in der der Markt die Produktion und Verteilung der Güter reguliert.

Die wirtschaftlichen Subjekte, die Unternehmen und die Haushalte, treffen auf dem Markt als Anbieter und Nachfrager von Waren aufeinander. Der Markt wird dabei zum strukturierenden Prinzip der individuellen Pläne.

In Abgrenzung zur zentralen Planwirtschaft gibt es keine übergeordnete Instanz, die die Pläne der Unternehmen und der Haushalte direkt reglementiert. Der Staat darf (und soll) zwar ordnungs- und wirtschaftliche Rahmenbedingungen setzen, aber er darf keine Planvorgaben machen, die Konsum, Produktion und Investitionen verbindlich festlegen.

Die individuelle Planungsautonomie ist der wesentliche Unterschied zwischen marktwirtschaftlichen Systemen und staatlichen Planwirtschaften.

Diese individuelle Planungsautonomie unterscheidet die Marktwirtschaft auch von allen vorhergehenden Gesellschaften, die zwar Handel trieben, also die Einrichtung von Märkten durchaus kannten, aber die wirtschaftlichen Aktivitäten ihrer Mitglieder fest in ein Geflecht sozialer und kultureller Normen einbanden.

Für die Unternehmen bedeutet individuelle Planungsautonomie, über Veränderungen, Einschränkung oder Ausdehnung ihrer Produktion frei entscheiden zu können. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit der verschiedenen Produktionsfaktoren: Investitionsgüter, menschliche Arbeitskraft und Boden.

Die Planungsautonomie der Unternehmen verlangt nach funktionierenden Märkten, auf denen nicht nur Konsum- und Investitionsgüter, sondern auch Boden und menschliche Arbeitskraft als Waren gehandelt werden.

Historisch setzt die Marktwirtschaft deshalb gesellschaftliche Prozesse voraus, die die menschliche und natürliche Substanz der Gesellschaft in Waren verwandeln.

Gabriela Simon