Heute in Bremerhaven: Hans Mayer

■ Deutscher auf Widerruf

Der „große alte Mann“ der deutschen Literatur (Die ZEIT) ist kein trockener Akademiker, sondern ein glänzender Erzähler und Redner. Seit Ende der zwanziger Jahre ist er Teil der literarischen Zirkel und Szenen und kennt die meisten der nunmehr zu den Weltliteraten gehörigen deutschen Autoren persönlich. Der Jude und Marxist Hans Mayer emigrierte 1933 in die Schweiz. Nach Kriegsende war er kurzzeitig in Frankfurt für die amerikanische Besatzungsmacht als Nachrichtenredakteur und später beim Rundfunk beschäftigt. 1948 nahm er einen Lehrstuhl für Literaturgeschichte in Leipzig an.

Dort brachte, wie es nicht anders zu erwarten war, sein undogmatischer Marxismus ihn zunehmend in Konflikt mit der offiziellen Kulturpolitik in der DDR. Im Jahre 1963 wechselte er in die Bundesrepublik, wo er als Professor an der Technischen Hochschule in Hannover arbeitete.

Hans Mayer lebt heute in Tübingen. Sein frühes Hauptwerk „Georg Büchner und seine Zeit“ (1947) gehört längst zu denjenigen Büchern, die im Deutschunterricht der Schulen ihren Gebrauchswert erweisen. Sein wichtigstes Spätwerk „Außenseiter“ (1975) ist ein großangelegter, mutiger Essay über das Scheitern der Aufklärung in Deutschland, vorgeführt an drei von der Emanzipation ausgeschlossenen Gruppen, den Frauen, den Homosexuellen und den Juden.

In den 80er Jahren veröffentlichte Hans Mayer seine Autobiographie unter dem programmatischen Titel „Ein Deutscher auf Widerruf“, 1988/89 erschien in zwei Bänden eine kursorische Geschichte der deutschen Literatur seit 1945, verfaßt mit dem subjektiven Zugriff des Zeitgenossen: „Die umerzogene Literatur“ und „Die unerwünschte Literatur“.

Hans Mayer wird in der Kunsthalle Bremerhaven über die Anfänge seiner Arbeit in der Weimarer Republik sprechen, und er wird die künstlerischen Strömungen jener Jahre behandeln. Zu denen gehört auch der Malik-Verlag, dessen Geschichte zur Zeit in der Kunsthalle dokumentiert ist. h