Solidarität soll „Companeros“ helfen

■ Unsichere Zukunft für nicaraguanische StudentInnen in der DDR / Schmales Stipendium schürt die Existenzängste

West-Berlin. „Jetzt müssen wir nicht mehr bis nach Nicaragua fliegen. Wir können unseren Companeros direkt vor Ort helfen.“ Joachim Schemetzkow spricht stellvertretend für einen großen Teil der Westberliner Solidaritätsbewegung, die für sich ein neues Betätigungsfeld entdeckt hat: nicaraguanische StudentInnen in der DDR. Seit dem Regierungswechsel in beiden Staaten hängen die insgesamt 370 NicaraguanerInnen, die in der DDR ausgebildet werden, vollkommen in der Luft. Ihre Möglichkeit zum Studienabschluß scheint vielen alles andere als gesichert, wenn demnächst steigende Mieten und Lebensmittelpreise das kärgliche Stipendium auffressen werden. Aus diesem Grunde veranstaltete die Regionale Förderung für Somoto in Nicaragua (RFSN) am Samstag ein Solidaritätsfest im Karl -Renner-Haus in Lichterfelde, bei dem mit 30 Betroffenen, aus der gesamten DDR diskutiert wurde. Von der privaten Adressenvermittlung über die Bildung eines Komitees bis hin zum sprichwörtlichen Hut, der die Runde machte, blieb nichts unversucht, um den Companeros aus dem Osten unter die Arme zu greifen. Die nutzten die Chance, um ihre prekäre Lage zu schildern. Dabei stand die finanzielle Bedrohung im Vordergrund. „Zu viel, um zu sterben - zu wenig, um zu leben...“ so schätzt Helio Montenegro, bis vor kurzem Gesandter der nicaraguanischen Regierung in Ost-Berlin, die Situation der StudentInnen ein. Derzeit seien die 330 Mark Stipendium noch ausreichend, aber ab dem 1. Juli werde sich das rasch verändern. Nun ist zumindest eine Teilfinanzierung durch westliche Solidaritätsgruppen im Gespräch. Immerhin scheinen die Zukunft der Verträge, auf deren Grundlage StudentInnen für fünf Jahre an die Unis kamen, geklärt. Das frühere SED-Regime hatte sie gemeinsam mit der sandinistischen Regierung unterzeichnet. Daran soll nicht gerüttelt werden. Zwar ist der größte Wunsch der StudentInnen, ihre begonnene Ausbildung abschließen zu können, doch fast alle zieht es danach zurück in die Heimat. Doch nicht nur das Studium hat seine Spuren hinterlassen: Als eine „traumatische Erfahrung mit dem Sozialismus, so, wie er nicht sein sollte“, sieht Raul Torre seinen Aufenthalt in der DDR. Wenn er nach seinem Abschluß als Facharzt für Sozialhygiene zurückkehrt, will er „diese Fehler in Nicaragua keinesfalls wiederholen“.

Christine Pöhlmann