SED & Stasi als kriminelle Vereinigung

Die Partei und ihre Diener sollen zur „Verbrecher-Organisation“ erklärt werden / Fahrplan zur Einheit  ■  Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) - Nach zwei verschiedenen Gesetzen soll am 2. oder am 9.Dezember das gesamtdeutsche Parlament gewählt werden. Am gleichen Tag soll die DDR nach Artikel 23 des Grundgesetzes der Bundesrepublik beitreten. Dies erklärten innenpolitische SprecherInnen aus Ost und West am gestrigen Dienstag in Bonn.

Für das Gebiet der DDR hat Johannes Gerster (CDU) die Einführung einer Drei-Prozent-Klausel - statt der hier geltenden Fünf-Prozent-Klausel - „empfohlen“. Mit der Begründung, „eine besondere Situation braucht eine besondere Regelung“ haben ihm Maria Michalk von der CDU-Ost und Andreas Steiner von der DSU in der Volkskammer zugestimmt. Grundsätzlich wolle man die Fünf-Prozent-Regelung beibehalten, beschied Gerster. Allerdings müßten bei der ersten gesamtdeutschen Wahl auch kleinere Parteien in der DDR die Chance haben, sich zur Wahl zu stellen.

In dreitägigen Verhandlungen haben sich die Innenpolitiker darauf geeinigt, den weiteren Vereinigungsprozeß in drei Stufen zu organisieren: Als erstes steht die Verabschiedung eines zweiten Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik und der DDR an, in dem die Angleichung der beiden Rechtssysteme festgelegt werden soll. Dann will man den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes für den Wahltag erklären. Schließlich soll die Vereinigung vollzogen werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings die Verabschiedung eines eigenen neuen Wahlgesetzes für die DDR.

Ob die Parlamente der in der DDR neu entstehenden Länder den Beitritt nach Artikel 23 erklären werden oder ob dies von der Volkskammer ausgehen wird, wollten die Innenpolitiker am Dienstag noch nicht sagen. „Das ist eine Sache der weiteren Entwicklung“, befand Johannes Gerster kurz.

Überdies kündigten die InnnenpolitikerInnen in Ost und West gestern die „Aufarbeitung der Schandtaten der Kommunisten“ „bis zur Einheit“ an. Zu diesem Zweck solle die Stasi zur verbrecherischen Organisation erklärt werden. Für die Aufarbeitung soll eigens ein zusätzliches Gremium geschaffen werden: Eine „mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattete Aufklärungsbehörde unter internationaler Leitung, die bei der Volkskammer angesiedelt wird“.

Für die Bestrafung von Stasi-Leuten soll die Volkskammer noch vor der Vereinigung spezielle Gesetze erarbeiten. Offenbar will man aber noch einen Schritt weiter gehen und auch vor der SED nicht haltmachen: „Es liegt nahe, auch die SED zur verberecherischen Organisation zu erklären“, sagte am Dienstag der CDU-Innenpolitiker Klaus Rauber in diesem Zusammenhang.