Bremerhaven: US-Army auf der Abschußliste

■ Zivilbeschäftigte fürchten Massenentlassungen / Konzepte für die Zeit danach Mangelware

Mehr Abrüstung weniger Arbeit. Das Ergebnis dieser Rechnung werden im kommenden Jahr möglicherweise mehr als 1.000emerhaverInnen am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Das fürchtet jededMitarbeitervertretung der deutschen Zivilangestellten. Aktueller Anlaß für die Sorgenfalten: In der vergangenen Woche kündigte der Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen in Europa in Heidelberg an, daß mit einer Studie die Möglichkeit untersucht werden soll, die U.S.- Einrichtungen in Norddeutschland aufzulösen oder zusammenzulegen. Die Studie soll bis November dieses Jahres vorliegen.

Bei der U.S.-Army in Bremerhaven sind insgesamt 1.380 Zivilangestellte beschäftigt, davon alleine 750 bei der 543. Area Support Group, die ffür ddie U.S. Army den Nachschub von Waffen bis zu Lebensmitteln - organisiert. Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung Reinhard Hensel, glaubt, daß diese Versorgungseinheit als erstes von der Schließung betroffen sein wird. Die Einheiten, die direkt der NATO unterstellt seien, sollten keinesfalls geschlossen, sondern zusammengelegt werden. Aufgelöst würden als erstes Truppenteile, die direkt der US-Army unterstehen.

Weitere 150 Zivilangestellte

sind am Bremerhaven-Terminal mit der Verschiffung der PKW's aller in Nord-Europa stationierten US-Soldaten beschäftigt. Seit langem gibt es bei den Amerikanern Überlegungen, den Autoumschlag in das günstiger gelegene Rotterdam zu verlegen. Falls die Versorgungseinheiten abgezogen werden, da ist die ÖTV sicher, wird auch der Autoumschlag verlegt. Des weiteren werden die Ar

beitsplätze im amerikanischen Hospital und in den Supermärkten für die GI's entfallen. Prognose der ÖTV: Die Zahl der Arbeitslosen steigt in Bremerhaven von 10.800 auf 12.000. Auch über den Zeitpunkt der Entlassungen ist sich Hensel schon ziemlich klar. Wenn das Gutachten im November vorliegt, bleibt genug Zeit, um zum Ende des Rechnungsjahres im September 1991

die Einheiten in Bremerhaven aufzulösen.

Die Kooperationsstelle von Universität und Arbeiterkammer untersucht inzwischen die Auswirkungen möglicher Truppenreduzierungen auf Bremerhaven. Und auch der Magistrat der Stadt Bremerhaven hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die untersuchen soll, mit welchen arbeitsmarkt- und wirtschaftspoliti

schen Maßnahmen der absehbaren Zunahme der Arbeitslosigkeit begegnet werden kann. Doch der Bremerhavener Stadtrat für Arbeit und Soziales, Günter Lemke, stochert bei seiner Arbeit im Nebel. Er beklagte gestern, daß der Magistrat bislang immer zuletzt informiert worden sei. Lemke hofft wie auch die ÖTV - auf Sofortprogramme des Bundes, mit denen die unerwünschten Folgen der gewünschten Abrüstung aufgefangen werden sollen. Eine Hoffnung, die nicht allzu groß ist. Entsprechnde Anträge der SPD-Bundestagsfraktion wurden bislang von der Bundesregierung abgelehnt. Lemke: „Ich befürchte, daß nach der Vereinigung alle Programme in die DDR gehen.“

Weiter ungeklärt ist nach der Verlautbarung der US-Army die Zukunft der Kaserne in Garlstedt. „Die US-Einrichtung in Garlstedt wird nur dahingehend überprüft, ob es sinnvoll wäre eine Konsolidierung, keine Schließung, vorzunehmen“, heißt es in der Pressemitteilung des Europa -Oberbefehlshabers. Nachfrage: Was bedeutet „Konsolidierung?“ Antwort: „Wie kann man mit der Kombination mehrerer Aufgaben möglichst viele Mittel einsparen.“ Vermutung von Hensel: Was in Bremerhaven nicht ganz abgeschafft wird, wird nach Garlstedt verlagert.

hbk