„Jetzt bringen sie den Neger! “

■ Rassismus live im Oldenburger Fußballstadion

Zweitligaspiel in Oldenburg. Vor 7000 Zuschauern kickt der heimische VfB gegen den 1.FC Saarbrücken. Mitte der zweiten Halbzeit wechselt Saarbrückens Coach Klaus Schlappner einen neuen Spieler ein, damit endlich ein Tor fällt: er bringt Jonathan Akpoborie, einen neuverpflichteten Nigerianer.

„Das is‘ doch Fußball hier!“

Als der farbige Stürmer den Rasen betritt, kommt Stimmung auf in der Oldenburger Fankurve: „Jetzt bringen sie den Neger“, staunt ein Zuschauer, während sich sein Nebenmann aufregt: „Das is‘ doch Fußball hier, kein Buschkrieg!“ Fortan hagelt es rassistische Sprüche, und jede Ballberührung des Afrikaners wird von affenartigen Grunzgeräuschen aus bestimmt hundert Oldenburger Fanhälsen begleitet.

Solche Szenen sind kein Einzelfall in Oldenburg. Wie in vielen anderen Bundesligastadien werden auch hier ausländische Spieler der Gastmannschaften, vorzugsweise Farbige und Türken, von vielen kleingeistigen Fans diskriminiert und gedemütigt. Doch während anderswo, zum Beispiel beim F.C.St. Pauli, mittlerweile vom Verein versucht wird, durch Aufklärungsarbeit und Flugblattaktionen dem Fußball-Rassismus entgegenzuwirken, tut sich bei den Huntekickern nichts. Ihr Trainer Wolfgang Sidka rühmt statt dessen unablässig die „Begeisterungsfähigkeit“ der Oldenburger Fans und verharmlost fremdenfeindliche Aus

fälle. Schon nach dem Aufstiegsspiel gegen Bielefeld, bei dem einige Zuschauer Rassistisches gegröhlt hatten, wiegelte der VfB-Coach ab:„Daß man versucht, den Gegner zu verunsichern, ist doch klar. Das sollte man alles nicht so dramatisieren.“

Auch VfB-Spieler Edgar Zoller bezweifelt, daß das Verhalten der „Fans“ gegenüber ausländischen Spielern sich in Zukunft bessern wird. „Oftmals kommen ja sogar von den deutschen Spielern irgendwelche ausländerfeindlichen Äußerungen.“ Doch im Gegensatz zu seinem Trainer nimmt Zoller, seit Jahren schon Publikumsliebling in Oldenburg, das Problem ernst. „Ich finde es

widerlich, was da teilweise gerufen wird.“ Gerade wegen der jungen Zuschauer im Stadion macht sich Zoller Sorgen: „Die kommen da hin und sehen, daß erwachsene Menschen so einen Mist brüllen. Was sind denn das für Vorbilder?“

Den Oldenburger Stadion-Rassisten blieb ihr hirnloses Getöse letztlich im Halse stecken. Kurz nach der Einwechslung des jungen Nigerianers konterten die Saarbrücker geschickt, überwanden die Oldenburger Hintermannschaft und erzielten den entscheidenden Treffer zum 1:0. Torschütze mit der Nummer zwölf: Jonathan Akpoborie. Holger Gertz