Jazz von Schülern und Meistern

■ Ulmer, Tacuma und Jackson in der Schauburg

Wer etwas gelernt hat, will es bekanntlich auch vorführen, und für Musiker gilt das sicher ganz besonders. Und da die Herren James „Blood“ Ulmer, Jamaladeen Tacuma und Ronald Shannon Jackson für drei Tage von New York an die Weser gekommen waren, um im Rahmen der Internationalen Herbstakademie der Hochschule für Künste ein wenig von ihrem Genius auf Bremer NachwuchsmusikerInnen herabscheinen zu lassen, so durften diese zu Beginn des Konzerts in der Schauburg zeigen, was sie von den dreien abgeguckt hatten. Zu spontanen Bands formiert, vier an der Zahl, gaben sie jeder zwei Stücke zum besten, von schwerem Funk bis schleppendem Reggae. Das war, trotz notwendigerweise holprigen Arrangements, hörenswert, denn natürlich hatten sich keine blutigen Anfänger in Ulmers Kurs eingefunden, sondern Leute mit recht intensiver Beziehung zu ihrem Instrument, die wohl alle schon in diversen Bands auf der Bühne gestanden haben. Da dem Selbstdarstellungsdrang vor allem von Gitarristen bekanntlich nur selten enge

Grenzen gesetzt sind, wurde es recht spät, bis die drei New Yorker Ausnahmemusiker endlich vor ihrem Publikum standen.

James „Blood“ Ulmer gilt als einer der Wegbereiter der Funk -Jazz-Fusion in den frühen Achtzigern und als einer der herausragenden Gitarristen der jüngeren Synthese zwischen Jazz und Rock, was, auf sein Instrument bezogen, wohl auch für den Schlagzeuger Ronald Shannon Jackson gilt. Zumindest in der Trio - Besetzung mit dem hochgelobten Bassisten Jamaaladeen Tacuma stehen die beiden eindeutig auf der Rockseite ihrer Stilmixtur; gradlinig geschnittene Rhythm & Blues-Stücke, treibende Rocksongs und nur gelegentliche schnelle Funkeinschübe bildeten einen Großteil des Bremer Programms. Tacuma ist dabei eindeutig das Rückgrat dieses Konzepts, ist mit seinem beständig über komplizierte Linien rollenden Groove so etwas wie die avantgardistische Kom

ponente eines ansonsten doch recht unspektakulären Gesamtaufbaus: Der filigrane Freistil eines Ornette Coleman, dem ja zumindest Ulmer häufig an die Seite gestellt wird, ist jedenfalls über die Gesamtlänge erheblich weiter entfernt als die brachiale Gewalt von, sagen wir, Jimi Hendrix. Ulmer übersteuert seine Gitarre, der krachende Sound begräbt die Feinheiten, ergänzt sich allerdings mit dem klaren Baß zu einem spannenden Gesamtsound. Dazu singt er mit rauher Stimme, meckert ein bißchen wie der frühe Roger Chapman und gibt sich ansonsten auf der Bühne ganz als der coole Leader. Jackson hält die Stücke ungemein kraftvoll und vielseitig zusammen, trotzdem ist es eigentlich Tacuma, der trotz seiner vielen Verzierungen die Musik nach vorn treibt. Ein genialer Bassist und in der Schauburg unzweifelhaft der Mittelpunkt eines rasanten, aber insgesamt unspektakulären Konzerts.

Rainer Köster