Grün-Alternative Liste in Einzelteile zerlegt

„Freche Frau“ Adrienne Goehler auch aus GAL ausgestiegen/ Grund: Unabhängiger Frauenverband der DDR bekommt aussichtslosen GAL-Listenplatz/ „Radikale Linke“, Realos, PDS-Sympathisanten, Frauenfraktion und Thea Bock sind schon fort  ■ Von Florian Marten

Hamburg (taz) — Jetzt hat auch Adrienne Goehler, Mitgründerin von Hamburgs Grün-Alternativer Liste (GAL), Erfinderin der „Frauenliste“ und Kunsthochschulpräsidentin, die Schnauze voll. Am Wochenende verließ sie die GAL, weitere Frauen werden ihr folgen.

Zuvor hatte Adrienne Goehler noch einen Versuch unternommen, den Marsch der GAL ins politische Abseits zu stoppen. Mit Ina Merkel vom Unabhängigen Frauenverband der DDR sollte eine neue Spitzenkandidatin für die GAL-Liste zur Bundestagswahl Öffnung symbolisieren und einen gemeinsamen Wahlkampf des auseinandergefallenen grün-alternativen Spektrums in Hamburg ermöglichen. Doch die GAL ließ Adrienne Goehler und ihre Mitstreiterinnen abblitzen.

Auf einer von nur 41 Stimmberechtigten besuchten Mitgliederversammlung hielt die GAL am Wochenende an ihren bereits nominierten Kandidatinnen Gaby Gottwald und Erika Romberg fest. Ina Merkel soll der chancenlose 3. Platz der Landesliste angeboten werden. Weniger die Ablehnung ihres Vorschlags, als die Art und Weise, in der dies geschah, ließ Adrienne Goehler resignieren. „Putschismus“ wurde ihr vorgeworfen und schließlich sogar abgelehnt, die Entscheidung über die Landesliste zu vertagen und innerhalb der GAL eine Diskussion zu eröffnen. Mitstreiterin Gabriele Teckentrup (ebenfalls GAL-Gründungsmitglied) zur taz: „Die GAL reagiert wie ein angeschlagener Boxer, der nicht mehr weiß, warum und auf wen er einschlägt.“

Bei der vom letzten Aufgebot aktiver GAL-FunktionärInnen besuchten Mitgliederversammlung dominierte der Wunsch, die arg gelichteten Reihen noch einmal fest zu schließen. Ein Antrag, GAL-FunktionsträgerInnen Mitgliedschaft, Werbung und Arbeit für die „Linke Liste/PDS“ zu verbieten, fand breite Mehrheit. Allerdings: Sollte die PDS bei den Bundestagswahlen in Hamburg gut abschneiden, wird die Diskussion um den Politdeal „Öffnung der GAL-Liste gegen Kandidaturverzicht der PDS“ neu aufflammen. Dabei hat unter Führung des Theoretikers Michael Stamm ein Gutteil der gallischen PDS-Freunde die GAL Richtung Gysi verlassen.

Damit hat sich Hamburgs grünalternatives Spektrum, das 1978 mit der GAL-Vorläuferin „Bunte Liste/Wehrt Euch“ das erste erfolgreiche bundesdeutsche Modell einer grün- alternativen Wahlbewegung auf die Beine stellte, in seine Einzelteile zerlegt: Thomas Ebermann und seine Mitstreiter basteln am Projekt „Radikale Linke“, Thea Bock kandidiert für die SPD zum Bundestag, die Realos haben die Partei „Grünes Forum“ gegründet, fast die gesamte Rathausfraktion hat als „Frauenfraktion“ die Partei verlassen. Rettung soll ein breit angelegtes Wahlbündnis bringen. Daran arbeitet zur Zeit eine Gruppe um die Frauenfraktion im Rathaus. Gedacht ist an ein Personenbündnis, welches GAL, Frauenfraktion, Grünes Forum und Ökologiebewegung repräsentiert. Interessante Menschen für ein solches Bündnis gibt es in Hamburg zur Genüge. Doch das Interesse fehlt noch. KeineR hat Lust, sich im grün-alternativen Chaos einmachen zu lassen.