US-Truppen nehmen sich Zeit

■ US-General: Aufrüstung dauert noch mindestens zwei Monate/ Außenminister Baker über Iran besorgt/ Syrien und Großbritannien verstärken Truppen/ UNO biligt Lebensmitteleferungen

Berlin (adn/ap/dpa/taz) — Hohe US-Militärs haben die Vermutung geäußert, es werde dieses Jahr zu keiner militärischen Konfrontation mit dem Irak mehr kommen. Der britische 'Guardian‘ berichtete, nachdem bis letzte Woche unter Kongreßabgeordneten der 15. Oktober als möglicher „D-Day“ für die amerikanischen Streitkräfte gegolten hätte, sei jetzt in Washington klar, daß die Aufrüstung der US-Militärmacht noch mindestens zwei Monate dauern würde.

Ähnlich äußerte sich US-General Schwarzenberg gegenüber der 'Washington Post‘. Die 'Los Angeles Times‘ berichtete jedoch, eine „Kriegslobby“ in den USA, Israel, Ägypten und Saudi-Arabien dränge weiterhin auf einen Militärschlag gegen Mitte Oktober.

Die mögliche Wende Irans zu einer anti-amerikanischen Haltung stand gestern im Mittelpunkt der internationalen Aufmerksamkeit in der Golfkrise. In einer Erklärung, die am Ende des Freitagsgebets in der Teheraner Univerität verlesen wurde, wurden die iranischen „Revolutionswächter“ (Pasdaran) für nächsten Mittwoch zu Manövern aufgerufen, um „sich darauf vorzubereiten, den Provokationen der Unterdrückungsmächte die Stirn zu bieten“. Ajatollah Mussawi Ardebili forderte außerdem Saddam Hussein auf, zu seinen Fehlern zu stehen und aus Kuwait abzuziehen. US-Außenminister Baker äußerte sich am Donnerstag abend über den vorherigen Aufruf des iranischen Staatspräsidenten zum „Heiligen Krieg“ gegen die USA besorg: „Wir sind nicht indifferent gegenüber Drohungen gegen unsere Soldaten.“ Gestern traf er mit Syriens Präsident Hafis al-Assad zu einer, wie es hieß, „freundschaftlich“ verlaufenen Begegnung zusammen. Vor dem Treffen verlautete, Syrien wolle zusätzlich zu den bereits abgestellten 3.000 Soldaten nochmals 10.000 Mann mit 300 Panzern nach Saudi-Arabien verlegen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat in der Nacht zum Freitag mit 13 gegen zwei Stimmen eine begrenzte Aufhebung des Embargos gegen Irak für die Lieferung von lebenswichtigen Gütern beschlossen. Voraussetzung ist nach dieser Resolution 666, daß UNO-Experten den tatsächlichen Bedarf an Lebensmitteln an Ort und Stelle erkunden können. Außerdem soll die Verteilung der Nahrungsmittel durch UNO- Spezialorganisationen erfolgen. Dies soll verhindern, daß die Güter an das irakische Militär umgeleitet werden. Gegen den Entschluß des Weltsicherheitsrates stimmten lediglich Kuba und Jemen. Wenige Stunden nach der Verabschiedung der Resolution gestattete der Sanktionsausschuß des Sicherheitsrates Indien die Entsendung eines Schiffes mit Nahrungsmitteln zur Versorgung seiner 140.000 in Irak und Kuwait festsitzenden Staatsbürger. In Jordanien ist die Zahl der in Grenzlagern ausharrenden Flüchtlingen von 100.000 auf etwa 40.000 gesunken.

Die britische Regierung wird ihr Truppenkontingent in der Golf-Region durch Verlegung der 7. Panzerbrigade aus Soltau (Niedersachsen) verstärken. Wie Verteidigungsminister Tom King gestern in London mitteilte, ist die Einheit mit etwa 120 Panzern vom Typ „Challenger“ ausgerüstet und umfaßt „mehr als 6.000 Soldaten“. Die zur Zeit im Persischen Golf stationierten Kriegsschiffe haben laut „Greenpeace“ bis zu 450 atomare Sprengköpfe an Bord. In einer am Donnerstag veröffentlichten Aufstellung heißt es, mindestens 20 amerikanische, sowjetische, britische und französische Schiffe mit Atomwaffen an Bord seien im Golf auf Patrouille.