Wedemeier gegen den Rest der Partei

■ SPD-Landesparteitag: Basis läßt den Daimler-Tunnel sterben / Senat darf Alternative suchen

Eineinhalb Stunden hatte der Landesparteitag der Bremer SPD im Weserforum Bremerhaven gemächlich vor sich hin diskutiert, da trat der Bürgermeister ans Mikrophon und sorgte für Stimmung. „Konflikte muß man austragen, die kann man nicht per Beschluß erledigen“, schimpfte er und gleich mehrmals: „So geht das nicht.“ Der Grund für Klaus Wedemeiers Zorn fand sich unter der Ziffer 6.4.c im Leitantrag des Vorstandes. Dort heißt es: „Den Bau des Hemelinger Tunnels in jeder Variante lehnt der Landesparteitag ebenso ab, wie Überlegungen zur Ausweisung des Bereichs Brüggeweg.“

Wedemeier, der als Nachfolger Koschnicks bei Daimler im Wort steht, einen solchen Tunnel zu schaffen: „In Hemelingen wohnen Menschen. Was denen offeriert wird, reicht nicht. Ohne Alternative können wir uns im Wahlkampf in Hemelingen nicht mehr blicken lassen.“ Damit hatte der Parteitag ein Thema, das er nach Willen der Parteistrategen gar nicht haben sollte. Der Vorsitzende der SPD Verkehrskommision Hans-Dieter Kahrs: „Meine Befürchtung ist eingetreten. Wir unterhalten uns nicht über den ÖPNV sondern über Sraßenneubau.“

Doch trotz der heftigen Intervention hatte der Bürgermeister nur einen Mitstreiter in Sachen Daimler-Tunnel, seinen Bausenator Konrad Kunick. Doch anders als Wedemeier, der den Parteitag händeringend gebeten hatte, dem Senat die Möglichkeit zu geben, eine Alternative zum Tunnel zu entwickeln, konnte Kunick sich eine solche nicht einmal mehr vorstellen. „Ihr Optimisten“, rief er in den Saal. Die Alternative sei mit der vor einem halben Jahr von ihm favorisierten Stackkamptrasse bereits abgelehnt. Mehr gebe es nicht. „Das sind alle Alternativen.“

Doch trotz dieser Appelle für den Tunnel: Der Parteitag hatte nicht die geringste Lust, die seit einem Jahrzehnt laufende Diskussion zu verlängern. Selbst der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner kündigte dem Bürgermeister in Sachen Tunnel die Loyalität auf. Dittbrenner verärgert: „Ich war davon ausgegangen, daß wir uns geeinigt haben. Die Umsetzung eines 500-Millionen-Projektes gehört nicht mehr in die politische Landschaft.“ Und auch von den Delegierten aus Hemelingen mußte sich Wedemeier böse Worte anhören. Die Bürgerschaftsabgeordnete Gisela Fröhlich: „Wir nehmen in Hemelingen eine Menge in Kauf. Aber irgendwann muß ein Schlußstrich gezogen werden.“ So sah es auch der Parteitag und legte mit großer Mehrheit die Tunnelpläne endgültig zu den Akten.

Doch wenigstens einen Teilerfolg konnte Wedemeier verbuchen. Der Parteitag folgte seinem Antrag, den Senat aufzufordern, nach Tunnel-Alternativen zu suchen. Was wiederun die ansonsten schweigsame Parteivorsitzende Ilse Janz zu dem Ausruf „Ihr seid ja doof“ veranlaßte.

Ohne Gegenwehr von Kunick und Wedemeier ließ der Parteitag die sogenannte Stelzenautobahn A 281 sterben. Die sollte für eine bessere Anbindung des Neustädter Hafens und des Güterverkehrszentrums an die Autobahnauffahrt Brinkum sorgen. Doch in diesem Fall hatte die Verkehrskommission die Alternative gleich selbst vorgeschlagen. Statt überirdisch soll jetzt eine Autobahn als Trog (oder in Wohngebietsnähe als Tunnel) für Entlastung der chronisch verstopften Neuenlander Straße sorgen. Sie soll in einem Bauabschnitt bis zur Autobahnabfahrt Brinkum gebaut werden. Von einer solchen Lösung hatte sich der Senat im Frühjahr aus Kostengründen verabschiedet. Dieses Argument spielte auf dem Parteitag allerdings keine Rolle mehr.

Vertagt wurde die Schließung des Parkhauses Katharina. Ein entsprechender Antrag des Unterbezirks West, fand nur wenig Unterstützung, nachdem Bürgermeister Wedemeier solchen Plänen heftig widersprochen hatte. Wedemeier: „Es geht nicht an, den Einzelhändlern erst die Kooperation zu Fragen der Innenstadtentwicklung anzubieten, und dann die Katharina zu schließen.“

Nach drei Jahren heftiger innerparteilicher Diskussion wurden die neuen Verkehrsleitlinien schließlich mit großer Mehrheit verabschiedet. Daß die Arbeit jetzt erst richtig losgeht, hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner den Delegierten zu vermitteln versucht. Dittbrenner: „Das wird uns 10 bis 12 Jahre beschäftigen.“ hbk